Krones, Hartmut (Hg.)

Arnold Schönberg in seinen Schriften

Verzeichnis – Fragen – Editorisches

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Böhlau, Wien 2011
erschienen in: das Orchester 06/2012 , Seite 64

Arnold Schönbergs Schriften, die veröffentlichten wie die Tausenden von Seiten zählenden aus dem Nachlass, sind integrierter Teil seiner künstlerischen Lebensarbeit. Sie sind Zeugnisse eines Kunstverständnisses, das untrennbar mit jener „Moderne“ verbunden ist, die sich seit rund zwei Jahrhunderten entfaltet hat. Schönbergs Texte enthalten musiktheoretische, historische und ästhetische Darlegungen, die auf die Durchsetzung fest umrissener künstlerischer Gestaltungsprinzipien und deren Bedeutungs- und Wirkungspotenziale abzielen. Je weniger die Autoren mit ihren Werken auf Konsens in einer gesellschaftlich relevanten Zuhörerschaft rechnen konnten, desto dringender wurde es, verbale Verständnishilfen zu geben.
Schönberg war nahezu lebenslang, von der Harmonielehre (1911) an, damit befasst, seine schriftliche Produktion zu veröffentlichen. Außer den Publikationen bis zu Style and Idea (1950) gab es mehrere umfangreiche inhaltliche Projektierungen, die unausgeführt blieben. Nach Schönbergs Tod begannen sogleich die Publikationen von fremder Hand, die bis um die Jahrtausendwende eine Reihe wichtiger Veröffentlichungen brachten. Doch es kam bislang zu keiner der Bedeutung von Schönbergs Schriften angemessenen Gesamtausgabe. Die Gründe hierfür hatten einerseits mit den zweifellos exorbitanten Schwierigkeiten zu tun, die das Material jedem Herausgeber aufbürdet, leider aber auch mit sich gegenseitig blockierenden Interessenlagen von Rechtsträgern und Editoren.
Hier nun einen Schlussstrich zu ziehen und mit einer auf insgesamt 30 Bände berechneten kritischen Gesamtausgabe sowie einer gesonderten Internet-Ausgabe das Material der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, hat sich seit 2002 das Wissenschaftszentrum Arnold Schönberg am Institut für Musikalische Stilforschung der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien in Zusammenarbeit mit dem Arnold Schönberg Center in Wien zur Aufgabe gemacht. Federführend sind Hartmut Krones, Therese Muxeneder und Gerold W. Gruber unter Mitarbeit von Eike Rathgeber, Julia Bungardt und Nikolaus Urbanek. 2005 fand ein internationales Symposium statt, auf dem ein erstes Resümee gezogen wurde, und bis 2011 entstand unter dem Titel Topographie des Gedankens ein „Systematisches Verzeichnis der Schriften Arnold Schönbergs“, vorgelegt von Julia Bungardt und Nikolaus Urbanek unter Mitarbeit von Eike Feß, Hartmut Krones, Therese Muxeneder und Manuel Strauß. Die Beiträge des Symposiums und das Verzeichnis bilden den Inhalt des vorliegenden Bandes.
Die Vorträge zeigen die Probleme auf, die mit jeder Veröffentlichung von Schönbergs Texten zu bewältigen sind. Sie beginnen bei der Zuordnung von Texten zu bestimmten „Sorten“, setzen sich bei der Unterscheidung von veröffentlichten, zur Veröffenlichung bestimmten und unveröffentlichten Texten sowie der Aufbereitung von so genannten „kleinen Schriften“ fort und münden schließlich in Klärungen der Chronologie. Was die Autoren und mit ihnen alle an der Erarbeitung der Gesamtausgabe Beteiligten hier vorgelegt haben, ist allemal lesenswert und verdient bereits höchste Anerkennung. Es ist eine gewichtige Ouvertüre. Möge sich nun alsbald auch der Vorhang heben, auf dass der Blick auf das abendfüllende Hauptereignis fallen kann.
Mathias Hansen

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