Georg Muffat

Armonico Tributo

Fünf Sonaten für Orchester Concerto Copenhagen, Ltg. Lars ­Ulrik Mortensen

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 11/2022 , Seite 64

Es ist auffällig: In der Alte-Musik-Szene wird immer mehr Musik des 17. Jahrhunderts oder der Zeit um 1700 entdeckt, aufgeführt und eingespielt. Und das jenseits von Monteverdi oder auch Heinrich Schütz und Buxtehude, die schon länger zum Standard­repertoire der Spezial- und Originalklangensembles gehören. Dabei zeigt sich, dass auch in dieser Zeit und auch im deutschsprachigen Raum ganz außerordentliche Musik komponiert wurde. Zum Beispiel in Salzburg, einer der prägenden Kulturstädte nördlich der Alpen. Die einzigartige Barockstadt erhielt im 17. Jahrhundert nicht nur ihr Gesicht, sie war auch musikalisch ein glanzvolles Zentrum. Und dafür stehen drei Namen: der zu Unrecht noch wenig bekannte Andreas Hofer und die ihm folgenden Heinrich Ignaz Franz Biber und Georg Muffat. Mit seinen sagenhaften Rosenkranz-Sonaten oder der 53-stimmigen Missa salisburgiensis gehört Biber zu den faszinierendsten Meistern des Barock.
Doch auch Muffat darf nicht unterschätzt werden. Auch dieser komponierte festliche und klangprächtige Messen ebenso wie aufregende Instrumentalmusik. Zu dieser gehört die Sammlung Armonico tributo, die nach einem Italienaufenthalt Muffats 1682 im Druck erschien und wie die Missa salisburgiensis zur 1100-Jahr-Feier der Stadt an der Salzach vorgelegt wurde.
Armonico tributo hat nun das Concerto Kopenhagen auf einer CD eingespielt. Es ist eine Sammlung aus fünf Sonaten für Orchester, die aparterweise in unterschiedlicher Besetzung gespielt werden können, gleichsam als Triosonate für zwei Violinen und Bass, als Streichquintett mit Generalbass oder als eine Art Concerto grosso mit der Trennung von Soli und Tutti. In der vorliegenden Einspielung nutzt das Concerto Copenhagen alle drei Möglichkeiten, gleich dreimal aber die größtmögliche. Auch sonst geizt Muffat – wie in anderen Werkgruppen aus seiner Feder – nicht mit allerhand aufführungspraktischen Bemerkungen, die bei anderen Meistern ja oft schmerzlich vermisst werden.
Die fünf Werke zeigen den Komponisten als Kenner der damals relevanten Nationalstile, deren sich Muffat für seine frischen und geistreichen Sonaten bedient. Überhaupt ist das eine Musik von einer erregenden Fülle an Ideen aller Arten.
Das dänische Ensemble unter seinem Leiter und Cembalisten Lars Ulrik Mortensen, der zu den profiliertesten und spannendsten Interpret:innen barocker Musik gehört und hier seinem Renommee in eindrucksvoller Weise gerecht wird, musiziert die grandiose Musik von Muffat in ebenso schillernder wie ausgefeilter und kunstvoll virtuoser Weise. Die Originalität und Vielfalt der fünf Orchesterstücke wird aufs Schönste zur Wirkung gebracht. ­Allein die Fülle an klangfarblichen Schattierungen ist immens – und im Konzertierenden mit- und gegeneinander sind die Musikerinnen und Musiker erste Klasse. Bei solch animierendem Spiel ist das Hören dieser Sammlung ein ganz großer Gewinn – nicht nur für Freunde ­barocker Instrumentalmusik.
Karl Georg Berg