Inamori, Yasutaki

Another Case of Miscommunication

für Violine und Fagott mit Zuspielband, Partitur und Stimmen, mit CD

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Gravis, Brühl 2013
erschienen in: das Orchester 07-08/2015 , Seite 71

Duos für Violine und Fagott sind nicht alltäglich, ja geradezu Mangelware. Da kommt Another Case of Miscommunication des Japaners Yasutaki Inamori gerade recht. Der heute 37-jährige, in Tokyo geborene Inamori lebt in Köln. An der Kölner Musikhochschule schloss er sein Kompositionsstudium 2011 mit dem Konzertexamen ab, im gleichen Jahr wurde ihm das renommierte Bernd-Alois-Zimmermann-Stipendium verliehen. Seither hat er mit seinen Kompositionen zunehmend auf sich aufmerksam gemacht, seine Werke erlebten Aufführungen in Deutschland, USA, Belgien, Niederlande, Mexiko und Japan und werden von bekannten Solisten, Ensembles und Orchestern wie dem Gürzenich-Orchester Köln, dem New Japan Philharmonic und dem Tokyo Philharmonic gespielt. Sein Œuvre weist bislang viele Kompositionen für kleine Besetzungen vom Solo bis zum Kammerensemble auf, durchaus mit einer Vorliebe für ungewöhn-
liche Kombinationen (z.B. Divide et impera aus dem Jahr 2013 für Lupophon, Bassklarinette, Kontraforte, Harfe, Violine und Violoncello), immer wieder auch unter Einbeziehung elektronischer Komponenten wie Zuspielband.
Fast in der Tradition Takemitsus versieht Inamori seine Stücke gerne mit poetischen Titeln (An Echo in the Void, Distorted Memory, In Search of a Harmony etc.). Seinen Kompositionsstil beschreibt Wolfgang Becker als „eine originelle Synthese zwischen östlicher und westlicher Musikkultur“. Und weiter: „Unverkennbar ist [Inamoris] Herkunft aus der musikalischen Tradition Japans. Das zeigt sich […] vor allem in großer Sensibilität für feine Nuancen der Klangfarben und Spieltechniken der Instrumente, mit der sich japanische und europäische Erfahrungen in seiner Musik begegnen.“
2011 entstand A Case of Miscommunication, sinngemäß also „Ein Fall von Verständigungspanne“ für Violine und Klavier. 2013 folgt der vorliegende Another Case of Miscommunication für Violine und Fagott mit Zuspielband. Das zweisätzige, zwölfeinhalb Minuten dauernde Werk zeigt die typischen Eigenarten von Inamoris Klangsprache. Wesentliche Zutat ist – ganz in Kölner Tradition – die Einbeziehung verschiedenster Geräuschelemente, deren Produktion über weite Strecken die Anwendung erweiterter, wenn auch keineswegs neuer Spieltechniken durch beide Instrumentalisten erfordert: so für den Geiger das harte Aufklopfen der Finger der linken Hand ohne Berührung der Saite mit rechts, schnelle Trillerglissandi zwischen Tonhöhen, Mahl- und Schleifklänge durch exzessiven Bogendruck usw., für den Fagottisten Klappen- und Atemgeräusch, Zungenstöße und anderes mehr. Unterzieht man sich der Mühe, das Werk einzustudieren, so entsteht ein Kaleidoskop durchaus reizvoller klanglicher Energiefelder, motorisch geprägt im ersten, eher kontemplativ im zweiten Teil.
Allerdings sollte man sich das Werk gut ansehen, es ist „nicht ohne“, weder, was die Realisierung der äußerst detaillierten Spielanweisungen des Komponisten anbetrifft, noch im rhythmisch vertrackten Zusammenspieldreieck zwischen Geiger, Fagottist und (mitgeliefertem) Zuspielband.
Herwig Zack