Vlasta Reittererová/ Lubomir Spurný

Alois Hába (1893-1973)

Zwischen Tradition und Innovation

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: ConBrio
erschienen in: das Orchester 12/2021 , Seite 71

Mit diesem Werk legen die renommierten Musikwissenschaftler Vlasta Reittererová (Coautorin des Buchs Theodor Veidl und sein Opernwerk) und Lubomir Spurný, Hába-Spezialist und Professor an der Universität Brno (Brünn), ein Maßstäbe setzendes Werk zu dem tschechischen Komponisten vor, der der breiten Masse wohl hauptsächlich als Vierteltonkomponist bekannt sein dürfte.
Dabei war Hába, Autor einer Harmonielehre des diatonischen, chromatischen, Viertel-, Drittel-, Sechstel- und Zwölftel-Tonsystems von 1927, nicht nur Theoretiker, sondern erfolgreicher Komponist, dessen Werke auch heute auf zahlreichen Konzertprogrammen zu finden sind, nicht zuletzt in Interpretationen des 1946 gegründeten Hába Quartetts. Im Zusammenhang mit Hábas Mikrointervallkompositionen soll nicht unterschlagen werden, dass der heute völlig vergessene Joseph Anton Gruß der eigentliche Pionier der Vierteltonmusik war. Auf dessen Veranlassung wurde bereits 1875 ein viermanualiges Viertelton-Harmonium gebaut.
Erfreulicherweise geht das unter dem Motto „Neue Wege Nové Cesty“ in der Schriftenreihe des Sudetendeutschen Musikinstituts (Träger: Bezirk Oberpfalz) erschienene Handbuch gleich zu Beginn auf den Nachlass Hábas ebenso ein wie auf Hábas Wurzeln und seine frühen Kompositionsversuche, wobei alleine dem Abschnitt als Schüler Franz Schrekers zehn Seiten gewidmet sind. Noch ausführlicher ist das Kapitel über das „Vierteltonklavier“. Hábas Schüler sind ebenso gelistet wie seine Neue Harmonielehre und seine Bedeutung als Opernkomponist, wobei der Vierteltonoper Matka (Mutter) eine ausführliche Darstellung gewidmet ist.
Hábas Schaffen zwischen 1932 und 1937 bezieht neben seinem Ägypten-Besuch auch seine Chorarbeiten ein. Das gesellschaftliche Engagement in den 1920er und 1930er Jahren wird ebenso beleuchtet wie die als politisch heikel wahrgenommene Oper Das neue Land, die nach zahlreichen Verschiebungen vom Spielplan gestrichen wurde. Nur die Ouvertüre erlebte einige konzertante Aufführungen, so 1937 in einer BBC-Sendung unter dem Dirigat von Charles Munch. Rezen-sionen zu der erst 2014 erfolgten Uraufführung der Oper runden das Kapitel ab.
Ebenso detailreich wird auf Há-bas im Sechstelton komponierte Oper Dein Reich komme eingegangen, an der der Komponist immerhin sechs Jahre gearbeitet hatte. Auch findet sich eine Auflistung von Hábas Opernideen, -plänen und abgeschlossenen Opernprojekten. Ein Werkverzeichnis sowie ein Schriften- und Literaturverzeichnis ergänzen das umfangreiche Handbuch, in dem zudem auf angemes-senen zwölf Seiten die nötigen Notenbeispiele abgedruckt sind.
Der Band könnte durchaus ein Anstoß dazu sein, mehr Komposi-tionen Hábas aufzuführen. Minimalste Ungenauigkeiten in der Auflistung der Schüler Hábas (Viktor Ullmann war zwar jüdischen Glaubens, aber dennoch Sudetendeut-scher wie auch Max Russ) trüben keineswegs den Gesamteindruck dieser studierenswerten Publikation.