Dvorák, Antonín

Alfred

Heroische Oper in drei Aufzügen. Petra Froese/Jarmila Baxová (Sopran) Ferdinand von Bothmer/Tilmann Unger (Tenor), Felix Rumpf/Jörg Sabrowski (Bariton), Peter Mikuláš (Bass), Czech Philharmonic Choir Brno, Prague Radio Symphony Orchestra, Ltg. Heiko Mathias Förster

Rubrik: CDs
Verlag/Label: ArcoDiva UP 0140-2 612
erschienen in: das Orchester 01/2016 , Seite 76

Mit 29 Jahren komponierte Dvorák seine erste Oper: Alfred, nach einem Text des jung gefallenen Theodor Körner, worin es um den Heldenkampf der Engländer unter Alfred dem Großen gegen die dänischen Wikinger im 9. Jahrhundert geht. Auch Friedrich von Flotow und Josef Joachim Raff hatten den martialischen Stoff vertont. Das deutsche Libretto verfasste Dvorák selbst, doch die Oper blieb schließlich ungehört in der Schublade. Alfred sei, so der Dvorák-Biograf Kurt Honolka, „ein Beispiel perfekter Naivität“. Erst 1937 erklangen Auszüge im Rundfunk, uraufgeführt wurde sie im Dezember 1938 im damaligen Olmütz in tschechischer Sprache.
Am 17. September 2014 erklang im Rahmen eines deutsch-tschechischen Kulturaustauschs die konzertante Aufführung von Alfred im originalen, deutschsprachigen Gewand. Bereits mit den ersten Takten der Ouvertüre und im weiteren Verlauf lugt stets das Vorbild Richard Wagner durch die Partitur. Eigentlich kein Wunder. Als Bratschist in der tschechischen Oper hatte Dvorák Wagners Opern gespielt und ihn als Dirigenten kennengelernt, den er sehr verehrte. Ferner ist der mittelalterliche Stoff germanisch getränkt mit nordischen Göttern, die um Beistand und Kriegsglück angerufen werden. Indes nimmt die Handlung glücklicherweise kein tragische Ende à la Tristan, sondern ein gutes nach einer üblichen Dreiecksgeschichte, hier um Alvina, Alfred und Harald. Üppige Chorszenen setzen auf Effekte; volle Orchesterklänge mit viel Blech erfüllen ihre heroische Wirkkraft. In einer unfreiwillig komischen Leitmotivik ist der Held Alfred mit einem Thema charakterisiert, welches das Anfangsthema der sozialistischen Internationalen vorwegnimmt.
Trotz aller Vorbehalte, die inzwischen gegen die Erstlingsoper ins Feld geführt werden – insbesondere manch harte Polemik –, ist sie ein bemerkenswertes Bühnenwerk, das zum einen ein musikalisch-stilistischer Spiegel seiner Zeit ist, zum anderen den Lernprozess Dvoráks als Opernkomponist nachvollziehbar werden lässt.
Sängerisch bewegt sich die Einspielung dieser Oper auf solider Grundlage, und viele Arien sind oft gar nicht so wagnerisch wie zunächst vermutet. Die Stimmen sind exzellent ausgesucht und klanglich homogen austariert. Ferdinand von Bothmer fungiert als Dänenkönig Harald, Felix Rumpf als sein Widerpart Alfred, der insbesondere mit der Romanze und im Gebet überzeugt. Die Sopranistin Petra Froese verkörpert die schöne Alvina, während Tilmann Unger als Bote sich genauso hörenswert in Szene setzt wie der Bassist Peter Mikulᚠals Sieward. Der an der Kieler Oper wirkende Jörg Sabrowski glänzt sängerisch als Gothron. Der Tschechische Philharmonische Chor Brünn überzeugt in den kräftigen Tuttipartien und Heiko Mathias Förster hat als Dirigent, der sich sofort in die Oper verliebte, die Orchesterfäden bestens in der Hand.
Etwas fiel dann doch negativ auf: Das Booklet ist lediglich auf Tschechisch und Englisch; wer das deutsche Libretto mitlesen möchte, wird auf eine Homepage verwiesen – und das leider ohne Nummerierung der Szenen.
Werner Bodendorff

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