Johann Sigismund Kusser

Adonis. Opera in Three Acts

Il Gusto Barocco, Ltg. Jörg Halubek

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: cpo
erschienen in: das Orchester 11/2024 , Seite 71

Das Libretto erzählt die bekannte Geschichte der Liebe zwischen der Liebesgöttin Venus und dem schönen Jüngling Adonis. Es basiert auf dem Text von Flaminio Parisetti von 1699/1700. Der aus Pressburg (heute: Bratislava) stammende Johann Sigismund Kusser (1660–1727) galt seiner Zeit als Musikerpersönlichkeit und prägte die nachfolgende Generation, Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann und Reinhard Keiser. Nach Stationen in Versailles bei Jean-Baptiste Lully und Opernzentren wie Hamburg und London wirkte er in Stuttgart. Kusser, der sich selbst französisch ausgesprochen „Cousser“ nannte, hat Adonis als Operndirektor in Stuttgart zwischen 1699 und 1704 uraufgeführt.
Vor allem dank vorausgegangener Detektivarbeit der australischen Musikwissenschaftlerin Samantha Owen konnten Text und Musik rekonstruiert werden. Die Wissenschaftlerin hat damit in der Landesbibliothek einen Schatz gehoben: Es handelt sich um den einzigen vollständigen Orchesterstimmensatz zu einer deutschsprachigen Oper des frühen 18. Jahrhunderts. Nun wiederentdeckt und aufgeführt – im Rokokotheater Schwetzingen inzwischen sogar mit Szene.
Der Stuttgarter Hof war, ganz dem Geschmack der Zeit verhaftet, stark am Vorbild Versailles orientiert. Dazu passte diese nun von dem jungen neuen Hofkapellmeister und Operndirektor mitgebrachte Oper. Sie ist beeinflusst vom französischen Geschmack, seinen Tänzen, aber auch von Arien im italienischen Stil. Besonderes Augenmerk legt Jörg Halubek als musikalischer Leiter auf eine möglichst abwechslungsreiche Gestaltung der Rezitative. Er besetzt die Continuogruppe mit bis zu mit drei Cembali, räumt den Interpret:innen Gestaltungsfreiheit ein.
Kusser hat für Adonis auf eine italienische Vorlage aus seiner Braunschweiger Opernzeit zurückgegriffen: Gl’Inganni di Cupido von Giuseppe Fedrizzi (1691); für Stuttgart wurde der Text übersetzt, die Musik angepasst. Es ist also, so der Musikwissenschaftler Andreas Münzmay, nicht klar, wie viel Komposition von Kusser in der Oper steckt.
Die instrumentalen Tanzsätze dürften jedoch von ihm sein. In der praktischen Umsetzung ließen sich die Musikerinnen und Musiker von ihrer Erfahrung mit französischer und italienischer Barockmusik leiten und bringen diese Manieren und Verzierungen überzeugend zusammen. Eine kurzweilige, unterhaltsame, ganz dem barocken Stil mit Wechsel von Arie und Rezitativ verschriebene Musik.
Das Sängerensemble: Yannick Debus (Adonis), Ulrike Hofbauer (Venus), Anita Rosati (Cupido), Nina Bernsteiner (Daphne), Nils Wanderer (Apollo), Seda Amir-Karayan (Pallas), Morgan Pearse (Vulcanus) und Dominik Wörner (Bass) macht seine Sache hervorragend genauso wie das von Jörg Halubek inspiriert gelenkte Ensemble Il Gusto Barocco. Was für ein Gewinn für Kenner und Liebhaber.
Felicitas Zink