„ABSOLUT BESORGNISERREGEND“

Herr Rattle, wir sprechen miteinander Mitte Februar in Luxemburg, wo Sie mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Richard Wagners Siegfried konzertant aufführen. Es ist eine Station im Rahmen Ihrer allerersten Tournee mit diesem Klangkörper, dem Sie ab September 2023 als BR-Chefdirigent vorstehen. Wie fühlt sich diese erste BR-Tour an? Sind Sie in München angekommen?
Simon Rattle: Ich bin am richtigen Ort, so fühlt sich das an. Es ist einfach ein wunderbares Orchester, und natürlich: Wir alle sind es nach Corona nicht mehr gewohnt zu reisen. Das wirkt derzeit immer wie Science Fiction, wenn man unterwegs ist. Und dann ein Gastspiel mit Richard Wagners Siegfried: Das ist ein ganz besonderes Ereignis. Ja, ich fühle mich in München am richtigen Ort.

Obwohl die Baustellen im Münchner Klassikleben groß und zahlreich sind. Wann die Gasteig-Sanierung startet, steht in den Sternen. Überdies wurde dem neuen Konzerthaus im Münchner Werksviertel als Heimat für die BR-Symphoniker eine „Denkpause“ verordnet – vom bayerischen Ministerpräsidenten persönlich. Warum sagen Sie bislang nichts dazu und geben keine Interviews? Ernüchtert Sie die Situation zu sehr oder ist es Ihnen egal?
Dass ich bis jetzt keine Interviews gegeben habe, ist kein schlechtes Zeichen. Man sollte da nicht zu viel hineinlesen. Und nennen Sie mir bitte eine Kunsteinrichtung oder größere Stadt, die gegenwärtig nicht vor gigantische Probleme gestellt ist. München steht derzeit überhaupt nicht alleine da. Aber ja, natürlich gibt es hier große Herausforderungen. Wie kann ich darüber urteilen, was in München und Bayern gerade vor sich geht, wenn ich in München noch gar nicht offiziell begonnen habe? Das Letzte, was ich möchte, ist, meinen Mund aufzumachen, ohne zu wissen, worüber ich spreche. Sie müssen mir Zeit geben, um einfach verstehen zu können, was vor sich geht.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 04/2023