Clemens Kühn
Abenteuer Musik
Eine Entdeckungsreise für Neugierige
Buchtitel sollen die Erwartungen, die sie aufbauen, auch erfüllen. Clemens Kühns vorliegender Band tut das in mindestens dreifacher Hinsicht. Erstens: Es geht um Musik! Zweitens um das Abenteuer des Nachdenkens über Musik, drittens um das Abenteuer des Schreibens und Sprechens über Musik. „Ein ungewöhnliches Buch“ also, wie Kühn selbst im Vorwort („Brief an den Leser“) schreibt.
Wer ist Adressat dieser Abenteuer? Laut Kühn auch Nichtmusiker, und so wird „alles, was als unbekannt anzunehmen ist“, sofort erklärt, was auf eine nützliche Fachworterklärung à la „Eine Polonaise ist ein polnischer Tanz“ hinausläuft. Andererseits setzt sein Buch doch auch „spezifische Kenntnisse“ voraus. Die vielen Notenbeispiele verlangen oft nicht nur eine Ahnung von Notenschrift, sondern nichts weniger als eine Klangvorstellung anhand eines Notenbildes. „Anweisungen“ zum eigenen Singen, zum differenzierten Rhythmusklopfen wenden sich nicht an den unbedarften Laien. Darüber hinaus muss der Adressat dieses Buchs internetkundig sein, denn die zahlreichen Musikbeispiele soll er sich auf YouTube anhören. Da wäre es doch toll gewesen, wenn der Verlag dem Buch eine eigene Internetseite spendiert hätte, zum bequemen Anklicken der Musikbeispiele.
Clemens Kühn ist Autor vieler unkonventioneller Lehrbücher zum weiten Feld der Musiktheorie. Der vorliegende kleine Band ist ein Abenteuerbuch für Kenner und Liebhaber gleichermaßen, eine anspruchsvolle und anregende Anleitung zum Musikhören, ein spannender Weg zum „Wissen warum“.
Die zwanzig Kapitel („thematische Stationen“) sind „in sich geschlossene Einheiten“, die man gut einzeln lesen kann. Die Station „Wer wann was komponierte“ ist beispielsweise eine knapp gefasste Musikgeschichte. „Melodien gehen ins Herz, Rhythmus geht in den Körper“ versammelt vielfältiges, bilderreiches analytisches Philosophieren, stellt Bachs swingende Motorik im c-Moll-Präludium dem „rhythmischen Zickzack“ von Strawinskys Danse sacrale aus dem Sacre mit sprachlicher Treffsicherheit gegenüber.
Den Stationenablauf auflockernde „Zwischenrufe“ wollen einen Gedanken anstoßen und ihn weiten hin „zu allgemeinen Fragen, die sich in Musik spiegeln“. So beschäftigt sich der Zwischenruf „Musik als Abbild“ nachvollziehbar (wenn man denn ein wenig notenkundig ist) mit Bachs musikalischer Rhetorik an Beispielen aus der Matthäuspassion.
In Station 11 stellt Kühn fest, es verstünde sich nicht von selbst, dass man „Musik nicht nur hören kann, sondern auch in Partituren lesen, nicht nur erleben, sondern auch denken, nicht nur spielen und singen, sondern auch besprechen kann“. Damit ist sein Buch für den Liebhaber ein idealer Weg hin zu einer Selbstverständlichkeit dieses Lesens, Denkens, Sprechens und ein Weg hin zu aufgeklärten, offenen Ohren. „Eine kleine Begriffskunde“ von gründlicher Ausführlichkeit als Anhang ergänzt die Fachwörtererklärungen im Text. Ein kombiniertes Komponisten- und Werkverzeichnis macht den Band zum praktikablen Arbeitsbuch.
Günter Matysiak