Werke von Bach, Ysaÿe und Lason

A Violino Solo

Krzysztof Lason (Violine)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Dux
erschienen in: das Orchester 11/2017 , Seite 69

Die vorliegende Produktion nimmt durch eine Gegenüberstellung von drei Kompositionen für Violine solo – allesamt dem Typus der viersätzigen Sonate angehörend, aber unterschiedlichen historischen Kontexten entstammend – für sich ein.
Mit der eröffnenden Sonata II a-Moll BWV 1003 aus Johann Sebastian Bachs Sei Solo à Violino senza Basso accompagnato wählt der polnische Geiger Krzysztof Lason gleichsam ein Urbild, auf das sich zahlreiche Komponisten bis heute immer wieder beziehen. Die Wiedergabe ist angenehm zurückhaltend, auch wenn die Intonation nicht immer bis ins Letzte überzeugt. Besonders gut gelingt dem Geiger der vorsichtig tastende, klanglich zarte und mit behutsamem Vibrato versehene Einstieg ins Grave-Präludium, das er wiederum auf die luftig artikulierte, zugleich entspannt und mit viel Zeit dargebotene Fuga ausrichtet.
Der klaren Architektur von Bachs Sonate stellt Lason eine Komposition aus dem zweihundert Jahre jüngeren Zyklus von Eugène Ysaÿes Six Sonates pour violon seul op. 27 (1923) gegenüber; dabei ist seine Wahl auf die Sonate Nr. 2 a-Moll gefallen, deren geradezu obsessiver Bach-Bezug durch Zitate im Kopfsatz verdeutlicht und mit einer in alle Sätze eingeflochtenen Verarbeitung der Dies-irae-Motivik konfrontiert wird, die der Geiger mit zunehmender Intensität aus der vierteiligen Satzfolge herausarbeitet. Von besonderer Qualität ist hier neben der sorgfältigen Formung der expressiven Kopfsatz-Ausbrüche die passacagliaartige Variationsfolge des dritten Satzes, die Lason in sich ruhend, mit klangvollen Pizzicati und auf das Finale hin sich entwickelnd nachzeichnet. Dass der Geiger danach die virtuosen Kaskaden des Allegro furioso nicht übermäßig forciert ausspielt, sondern seine Aufmerksamkeit den Kontrasten zwischen den unterschiedlichen Texturen zuwendet, um sich seinen heftigsten Ausbruch bis zum Ende aufzusparen, erweist sich gleichfalls als kluger interpretatorischer Zug.
Jüngstes und abschließendes Stück der Produktion ist die 1975 entstandene erste Solosonate von Aleksander Lason, dem Vater des Geigers, eine technisch anspruchsvolle und raumgreifende Komposition, die wahrlich mehr Aufmerksamkeit im Konzertleben verdient hätte. Beim Vortrag des Werks überzeugt Krzysztof Lason durch eine Vielzahl gewitzter Details: Während er beispielsweise im flageolettreichen Mittelteil des eröffnenden Allegro furioso con calore auf Farbenreichtum setzt, verleiht er den enorm schwierigen, gleitenden Triller- und Prallerketten des „Alla burleska“-Scherzos einen humorvoll-ironischen Tonfall. Das Molto lento cantabile wiederum gerät ihm zu einem Satz voller graziler, zunächst einstimmig angestimmter und anschließend kontrapunktisch entfalteter Melodiebögen. Im Finale dagegen spürt Lason unter Einsatz kontrastreichen Spiels den Elementen aus den vorangegangenen Werkteilen nach, um die Musik dann als dezidierte Anti-Steigerung auf repetierten Tönen im Nichts verschwinden zu lassen.
Stefan Drees

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