A new heaven

16 zeitgenössische Werke für gemischten Chor, Einführung und Kommentar von Simon Halsey

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Faber Music/Peters, London 2013
erschienen in: das Orchester 05/2014 , Seite 74

In einer im Einführungsteil zweisprachigen Ausgabe legt Simon Halsey sechzehn zeitgenössische geistliche Chorsätze für gemischten Chor von Komponisten aus Großbritannien vor. Nach einer Einleitung zum Stellenwert geistlicher Chormusik in Großbritannien folgen Anmerkungen zu einzelnen Titeln und deren Einstudierung, kurze biografische Notizen zu den Komponisten sowie Hinweise auf Einzelausgaben und Audioaufnahmen der Chorsätze. Bei aller Verschiedenheit im Stil eint die Sätze, die sowohl im Gottesdienst als auch im Konzert ihren Platz finden können, ihr hohes musikalisches Niveau. Eine eingehendere Besprechung der Stücke sprengte gewiss den Rahmen dieser Rezension. Deshalb hier nur ein paar Notizen zu ausgewählten Sätzen.
Der kurze, klangschöne Satz A Blessing des jungen Komponisten Jim Clements, der am Anfang der Sammlung steht, knüpft deutlich an die britische Chortradition an, bleibt bei allen harmonischen Freiheiten streng tonal und bezieht das rhythmische Geschehen aus der Textdeklamation. God be in my head von Judith Bingham für gemischten Chor und Klavier oder Orgel bezieht das motivische Material aus dem Beginn der Vertonung desselben Textes durch einen anderen Komponisten. Charakteristisch für diesen Satz sind die gesummten Akkorde, zu denen jeweils eine Stimme (Reihenfolge: B – S – A – T) eine viertaktige Passage sequenzierend und variierend darbietet. Jonathan Doves „Gloria“ aus seiner Missa Brevis wartet mit tänzerischem Duktus, wechselnden Taktarten, raschem Tempo, treibender Motorik und einem ebensolchen Orgelpart auf. Die minimalistisch anmutenden Passagen bedürfen allerdings äußerster Präzision. A Song of the New Jerusalem von Matthew Martin stellt deutlich größere Anforderungen an den Organisten, wenngleich auch der narrativ gehaltene Chorpart vor allem im Rhythmischen durchaus nicht einfach ist. An die Gregorianik knüpft Adoro Te von Antony Pitts an, das, einstimmig im Sopran beginnend, seine Klangdichte durch Hinzunahme immer weiterer Stimmen bis zur Siebenstimmigkeit ständig steigert. Eines der längeren Stücke ist Jubilate Deo von Nigel Hess, überwiegend isorhythmisch, mitunter auch kanonisch geführt, fließend und mit einem klaren Klangbild stellt das Stück eine gut zu bewältigende Aufgabe dar.
Jeder Satz in der Sammlung hat seine eigenen Qualitäten. Für die meisten aber gilt auch, dass es schon gewisser Voraussetzungen bedarf,
um sie wirkungsvoll und authentisch zu musizieren. So braucht man gewiss einen aufgeschlossenen und geübten Chor, der keine Berührungsängste gegenüber neuerer Musik, „komplizierteren“ Rhythmen und dissonanten Klängen kennt. Und man braucht einen Organisten, der sich als Partner des Chors versteht und die technischen Herausforderungen des einen oder anderen Satzes meistern kann. Nicht zuletzt bedarf es eines Chorleiters, der sich, vom Partiturstudium angesteckt, mit seinem Chor auf den Weg macht. Als Lohn winkt neue geistliche Chormusik, die sowohl den Musizierenden als auch den Zuhörern musikalischen Genuss verheißt.
Wolfgang Koperski