Dmitri Schostakowitsch
A Light in the Dark
Sabine Weyer (Klavier), Nordwestdeutsche Philharmonie, Ltg. Erich Polz
A Light in the Dark verspricht uns der Titel dieser CD – ein Licht im Dunkel –, und was ist auf dem Coverbild zu sehen? Ein in düsteren Grau-Schwarz-Tönen gehaltenes Porträt des griesgrämig dreinblickenden alten Schostakowitsch. Hätte man da nicht ein anderes Motiv finden können – oder, anders gefragt: Warum muss in letzter Zeit so gut wie jede CD mit einem übergreifenden Titel vermarktet werden?
Wie dem auch sei: Der junge österreichische Dirigent Erich Polz und die Nordwestdeutsche Philharmonie haben für ihr Schostakowitsch-Programm drei Werke ausgesucht, die den Komponisten größtenteils von seiner heiteren und unbeschwerten Seite zeigen. Dass es sich bei der Nordwestdeutschen Philharmonie um einen hervorragenden Klangkörper handelt, ist sogleich in der einleitenden Festlichen Ouvertüre zu bemerken. Sicherlich handelt es sich bei dem Stück um ein leichtgewichtiges Gelegenheitswerk, allerdings eines, das dem Orchester alles an Virtuosität und punktgenauem Zusammenspiel abfordert. Und hier wird man nicht enttäuscht: Die Philharmonie weiß in allen Instrumentengruppen vollends zu überzeugen. Dass es übrigens nicht zuletzt die Holzbläser sind, die punkten können, zeigt sich später im wunderschön intonierten Fagott-Solo im vierten Satz der neunten Sinfonie.
Auch das zweite Klavierkonzert zählt zu Schostakowitschs gutgelaunten Kompositionen, und es ist die Stärke von Dirigent und Orchester, aber nicht zuletzt auch der Pianistin Sabine Weyer, dass sie nicht versuchen, mehr in das Stück hineinzugeheimnissen, als es bietet. Weyer wählt einen ebenso brillanten wie feinsinnigen Ansatz, um die Stärken der Partitur zum Klingen zu bringen. Das betrifft vor allem den zentralen langsamen Satz, der – wohl einmalig bei Schostakowitsch – die Gefahr birgt, in süßlichen Kitsch abzugleiten. Nicht so hier. Unter den Händen von Weyer und Polz erklingt die Musik in mustergültiger Dezenz und Ausgewogenheit – als lyrisches, gesangliches Intermezzo, ein Weniger, das zum Mehr geadelt wird. Man könnte in dieser Interpretation durchaus den Höhepunkt der CD erblicken.
Ein wenig anders sieht es mit der Leichtigkeit im Fall der neunten Sinfonie aus. Hier sind zwei Herangehensweisen legitim: Entweder man sieht in dem Stück eine sarkastische „Pseudokomödie“ (wie Schostakowitsch selbst dies tat) oder man interpretiert es als neoklassisch fröhliche Sinfonie im Geiste Haydns. Erich Polz hat sich ohrenscheinlich für die zweite Variante entschieden – aber nicht durchgehend, und gelegentlich stehen die beiden Ebenen ein wenig unvermittelt nebeneinander. Die marschartige Wiederkehr des Final-Kopfthemas kurz vor Schluss etwa weiden die Interpreten genüsslich und geradezu karikaturartig aus – eine Entscheidung, die legitim ist, doch wird sie hier durch den eher leichtfüßig gestalteten Satzbeginn nicht wirklich gedeckt. Doch der Einwand ist vergleichsweise gering: Die Doppelbödigkeit dieser Sinfonie hat nach Kirill Kondraschin ohnehin kaum jemand wirklich überzeugend realisiert.
Thomas Schulz