8 Symphonies

8 Symphonies

Danish National Symphony Orchestra & Choir, Ltg. Thomas Dausgaard/Wiener Philharmoniker, Ltg. Sakari Oramo/Oslo Philharmonic, Ltg. John Storgårds

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Dacapo
erschienen in: das Orchester 02/2023 , Seite 69

„Dänemarks großer Gegenwartsleuchtturm“ nannte ihn die Kopenhagener Tageszeitung Politiken anlässlich seines 90. Geburtstags. Zugleich brachte das dänische Label Dacapo Per Nørgårds acht Sinfonien in mustergültigen Einspielungen heraus. Die Aufmachung der Edition ist karg, doch symbolkräftig. Ihr Signet: eine schwarze Acht auf weißem Grund. Das Beiheft ziert sie aufrecht, den Deckel der Schachtel hingegen liegend – gewiss in Anspielung auf Nørgårds „Unendlichkeitsreihe“, den Leitfaden seiner „hierarchischen Musik“ der 1970er Jahre. Sie verband das serielle Prinzip mit dem Gedanken eines organischen Entwicklungsstroms.
1932 im Kopenhagener Vorort Gentofte geboren und von klein auf tondichtend, weckte Nørgård das Interesse von Vagn Holmboe, der ihn 1952 in seine Kompositionsklasse am Königlichen Musikkonservatorium aufnahm. Dort lehrte er später selbst, wechselte 1965 aber ans Jütländische Musikkonservatorium in Århus, wo sich seine Klasse bald zu einem Zentrum undogmatischen Musikdenkens entwickelte, dem etliche namhafte Komponisten entwuchsen. Seit 1995 lebt er freischaffend in Kopenhagen und auf der Insel Langeland. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Léonie Sonning Pris (1996) und den Ernst von Siemens Musikpreis (2016).
Die Box dokumentiert sein (bisheriges) sinfonisches Lebenswerk in von ihm abgesegneten Referenzaufnahmen, geleitet von Dirigenten seines Vertrauens. Aufgeteilt wie folgt: Die Sinfonien Nr. 3 (1972/75) und Nr. 7 (2004/06) mit dem Danish National Symphony Orchestra unter dem Dänen Thomas Dausgaard; die Sinfonien Nr. 1 Sinfonia austera (1953/55, rev. 1956) und Nr. 8 (2010/11) mit den Wiener Philharmonikern unter dem Finnen Sakari Oramo; die Sinfonien Nr. 2 (1970, rev. 1971) und Nr. 6 Im Reiche der Neige (1999) sowie die Sinfonien Nr. 4 (1981) und Nr. 5 (1987/90; rev. 1991) mit dem Oslo Philharmonic unter dem Finnlandschweden John Storgårds.
Drei eingeweihte dänische Musikpublizisten kommentieren je eine Werkgruppe (englisch und dänisch). Der erfahrenste, Jørgen I. Jensen, erklärt Nørgårds Sinfonien einleitend zu Meilensteinen seines Schaffens. Sie seien „große Zusammenfassungen mit jahrelangen Zwischenräumen, Abklärung neuer Möglichkeiten und Fährten in sein musikalisches Universum“. Wer sich einhören möchte in seine Klangwelt, sollte unbedingt mit ihnen beginnen. In einem Punkt sind sich alle Autoren einig: schaffensauslösend sei „die Begegnung mit Sibelius‘ Musik“ gewesen. Hatte Nørgård doch selbst vielmals wissen lassen, der Finne habe „innerhalb seines persönlichen tonalen, vielleicht romantischen Klangbildes die größten Neuerungen geschaffen“. Möge diese rühmliche Geburtstagsgabe viele offene Ohren finden!
Lutz Lesle