Farina, Carlo

6 Sonaten

aus Libro I (1626), Libro IV (1628) und Libro V (1629) für Violine und B.c., hg. von Susanne Heinrich, Partitur und Stimmenmaterial

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Walhall, Magdeburg 2013
erschienen in: das Orchester 07-08/2014 , Seite 70

Der Geiger Carlo Farina (um 1600 – um 1640), wie seine Zeitgenossen Giovanni Battista Fontana, Biagio Marini und Marco Uccellini erfinderischer Kundschafter in violintechnischem Neuland und als solcher ein wichtiger Mitgestalter der frühen Kammermusik für Melodieinstrumente und Basso continuo, hat eine überschaubare Anzahl verschiedenster Inst­rumentalkompositionen hinterlassen, überliefert in fünf zwischen 1626 und 1629 in Dresden gedruckten Sammelbänden.
Bei der Zusammenstellung von Werken für die vorliegende Ausgabe hat Susanne Heinrich einerseits auf Tänze, andererseits aber auch auf Kompositionen verzichtet, in denen sich der Geiger – wie in seinem vielleicht bekanntesten Werk, dem Capriccio Stravagante (1627) – vorwiegend auf eine Nachahmung allerlei naturalistischer Laute verlegte. Mit ihrer Zusammenstellung von insgesamt vier Sonaten und zwei Canzonen aus Libro I (1629), Libro IV (1628) und Libro V (1629) lenkt die Herausgeberin hin-
gegen den Blick auf Farinas Anteil an der Entwicklung der Solosonate mit Basso continuo im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts. Wie andere Sonaten dieser Zeit folgen die durchweg einsätzigen, aus Abschnitten unterschiedlichen Charakters bestehenden Stücke der Dramaturgie einer schrittweise komplexer werdenden Art des freien Variierens unter ausgiebiger Verwendung effektvollen Passagenwerks.
Adressaten dieser erstmals 2002 bei Charivari Agreable Publications erschienenen Edition sind eindeutig Musiker, die genügend Erfahrungen im Bereich der historisch informierten Aufführungspraxis gesammelt haben, um mit einem Minimum an Informationen auszukommen. Dies sieht man schon daran, dass sich Heinrich sehr eng an den Notentext der ursprünglichen Drucke hält und ihre eigenen Zutaten auf die Hinzufügung von Taktstrichen, auf Hinweise zu alternativen Lesarten oder Korrekturen von Akzidenzien und auf eine Übertragung von Farinas umständlicher Doppelgriffnotation ins gängige Notenbild beschränkt.
Darüber hinaus entbehrt die Ausgabe jeglicher weiterer Zusätze: Bestehend aus einer dem Originaldruck nachempfundenen zweistimmigen Partitur für Violine und bezifferten Bass sowie jeweils einer gesonderten Violin- und Bassstimme, enthält sie weder Details zur Realisierung des Basso continuo noch Hinweise zur Verzierung des Violinparts. Zwar sind die beiden Einzelstimmen sehr übersichtlich und in großzügigem Notenbild unter Berücksichtigung von Pausen als Blätterstellen gedruckt; doch dürfte man gerade als Violinist bei der Werkwiedergabe doch eher zur Partitur greifen, um dadurch das heikle Zusammenspiel von stellenweise stark figuriertem Violinpart und Basso continuo besser kontrollieren zu können. Diese Option scheint die Herausgeberin aber gar nicht vorgesehen zu haben, da sich die Partitur aufgrund fehlender Wendemöglichkeiten für die praktische Benutzung durch einen Geiger als völlig ungeeignet erweist.
Stefan Drees

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