Husa, Karel
4 Bohemian Sketches
für Oboe (Flöte, Klarinette, Sopransaxofon) und Klavier
Als der Name Karel Husa mit dessen damals von beängstigender Aktualität komponierter Musik für Prag 1968 für großes Symphonisches Blasorchester durch die Stadtkapelle Wangen erstmals der deutschen Öffentlichkeit bekannt wurde, feierte ihn die Fachwelt ob seiner modernen, ausschließlich auf Bläser ausgerichteten, ausdrucksstarken Tonsprache. Mit dieser kleidete Husa den Irrwitz der damaligen Kriegsaggressionen in gleißende Holz- sowie schwarze Blechklänge und war damit sowie mit seiner Apotheosis in den 1970er Jahren bald als Enfant terrible der Blasmusikszene bestens bekannt. Inzwischen ist es hier um den jetzt 89-jährigen und seit über fünfzig Jahren in den USA lebenden Bläserkomponisten relativ ruhig geworden. Jüngst legte er jedoch bei Schott seine Vier böhmischen Skizzen für Oboe oder Klarinette vor, wobei alternativ Blasinstrumente wie Flöte oder das in B gestimmte Sopransaxofon besetzt werden können.
Husa selbst schreibt im Vorwort, dass diese Skizzen auf die 8 böhmischen Duette für Klavier vierhändig zurückgehen, die ich 1958 komponierte [
] Mit diesen Stücken wollte ich meinen beiden damals noch kleinen Töchtern die Musik meiner Herkunft nahe bringen, weil ich dachte, womöglich würden sie meine Heimat niemals sehen. Die eigentliche Entstehungszeit der Skizzen allerdings geht leider nicht ganz aus dem Vorwort hervor. Die kleinen Kompositionen sind eine Mischung aus echter und erfundener Volksmusik [
] Zwei authentische Lieder aus Mähren Nr. 2 und Nr. 3 und zwei quasi erfundene Lieder Nr. 1 und Nr. 4.
Da Husa damals die Idee Paul Hindemiths ziemlich beeindruckte, Musik für junge Amateure und Hausmusiker zu komponieren, griff er diese Idee auf. Und so erweisen sich diese Böhmischen Skizzen als angenehm einfach zu spielen, wobei die junge Musikantin oder der interessierte Musikant zugleich mit modernen Harmonien und zum Teil harten Sekundreibungen konfrontiert wird. Bis auf das letzte wirbelnde Rondeau für B-Instrumente immerhin in H-Dur mit fünf bei vielen Blasmusikern ungeliebten Kreuzen und einigen Doppelkreuzen bis hinauf zum dreigestrichenen fis , das bei dem einen oder anderen wohl Geduld erfordert, sind die Stücke in der Satzfolge Ouvertüre (Maestoso), Chanson mélancolique (Moderato) und einem langsamen Marche funèbre dagegen sehr leicht. Ebenso wird der begleitende Lehrer oder Ausbilder mit diesen Skizzen auch nicht gerade vor unlösbare Aufgaben gestellt.
Als pädagogisches Werk sind die 4 Bohemian Sketches also durchaus empfehlenswert was erstaunt, da sich Komponisten von Rang selten der Laienmusik und angehenden Musikern zuwenden. Husa hat ein Lebensalter erreicht, in dem er sich offenbar nicht mehr profilieren muss. Er kann einfache, interessante und vor allem für Holzbläser-Laien spielbare Literatur komponieren.
Werner Bodendorff