Werke von Igor Strawinsky, Francis Poulenc und Erik Satie
3×7 – Septets
L’histoire du soldat/Suite du gendarme incompris/Sonate pour clarinette et basson/Septet u. a. / Ensemble In Canto, Ltg. Fabio Maestri
Es sind Septettwerke von drei verschiedenen Komponisten – so erklärt sich der Albumtitel 3 × 7. Das mit Abstand vertrauteste Stück ist natürlich Strawinskys Geschichte vom Soldaten, hier in der kürzeren, rein instrumentalen Suiten-Version von 1920. Bekanntlich schrieb Strawinsky die ursprüngliche Fassung als mobiles Notstands-Theater für ein Mikro-Orchester: nur zwei Streicher, zwei Holzbläser, zwei Blechbläser und Perkussion. Die holzschnittartig-groteske Verfremdung, Verfälschung und Verzerrung von Trivialmusik (Marsch, Tango, Walzer, Ragtime usw.) hat bis heute nicht ihre Wirkung verloren. Adorno nannte das Werk Strawinskys „Zentralstück“.
Offenbar davon angeregt war Francis Poulencs Le Gendarme Incompris, sein Beitrag zu einem burlesken, absurden, surrealistischen Pariser Abend der Groupe de Six im Mai 1921. Poulencs Instrumentierung ist fast dieselbe wie bei Strawinsky – nur mit einem Cello statt des Fagotts. Auch musikalisch nähert sich das Werk (nach neoklassischem Beginn) der tonalen Fragilität Strawinskys an. Die kleine, übermütige Bühnenmusik ist in der Suiten-Version allerdings auf vier Sätze verkürzt. Dieselbe Septett-Instrumentierung benutzte Erik Satie am gleichen Pariser Abend auch zur Begleitung von Le Piège de Méduse, einer lyrischen Komödie. Seine sehr knappen Septett-Nummern entstanden auf der Basis einiger aufmüpfiger (harmonisch „falscher“) Klavierstücke, die er schon 1913 geschrieben hatte. Den Abschluss des Albums schließlich macht ein weiteres Septett von Strawinsky, das aber deutlich später entstanden ist. Das dreisätzige Septet von 1953 (für drei Streicher, drei Bläser und Piano) ist ein hoch faszinierendes Werk, in dem Reihen- und Kontrapunkttechniken kunstvoll verschränkt sind.
Viel klangliche Wärme bringt das Ensemble In Canto in diese Musik – allen Klanghärten (vor allem im Soldaten) zum Trotz. Sogar das späte Septet bekommt noch eine großzügige Portion Lebensfreude mit. Seinen Namen hat das italienische Kammerorchester übrigens vom umbrischen Festival Opera In Canto, wo es seit vielen Jahren die Aufführung von Opern, Orchesterliedern und Instrumentalmusik (vor allem des 20. Jahrhunderts) verantwortet – von Schönberg und Weill bis Berio und Boulez. Exaktheit und Lebendigkeit sind bei diesem kompetenten Ensemble keine Widersprüche. Jede Stimme hat ihre plastische Individualität. Besonders die dynamische Differenzierung im Vergleich der einzelnen Sätze überzeugt. Als „Nachtrag“ zu den beiden Pariser Septetten gibt es außerdem noch eine Duosonate von Poulenc und eine kleine Klaviersuite von Satie. Die Solist:innen hier sind Roberto Petrocchi (Klarinette), Andrea Corsi (Fagott) und Silvia Paparelli (Piano).
Hans-Jürgen Schaal