Giuseppe Clemente Dall’Abaco
35 Sonaten für Violoncello und Basso continuo
Band III: 8 Sonaten (ABV 24-31), Urtext
Elinor Frey, kanadische Cellistin und Expertin für Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, hat sich einer musikalischen Mammutaufgabe gewidmet: In insgesamt fünf Bänden erscheint ihre Urtextausgabe der 35 Sonaten für Violoncello und Basso continuo von Giuseppe Clemente Dall’Abaco (1710-1805). Die Veröffentlichung ist zu begrüßen, da der Cellist und Komponist mit italienischen Wurzeln, abgesehen von seinen elf Capricci für Violoncello solo, bisher nur wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte.
Dall’Abacos Sonaten sind undatiert, aber vermutlich in der Zeitspanne zwischen 1730 und 1760 entstanden, in der er europaweit als Cellist konzertierte. Die Werke zeugen von einer stilistischen Bandbreite und kompositorischen Entwicklung, die sich von barocken Elementen hin zum galanten Stil – gekennzeichnet durch melodiöse Linien, harmonische Einfachheit und abrupte Affektwechsel – erstreckt. Zudem spiegeln sich Dall’Abacos eigene cellistische Fähigkeiten durch den gekonnten und variantenreichen Einsatz von Spieltechnik und Klangfarben des Instruments in seinen Kompositionen wider.
Der hier vorliegende dritte Band versammelt die Sonaten ABV 24-31 (Abaco-Werkvereichnis). Der „Gesang des Violoncellos“ zieht sich dabei wie ein roter Faden durch die Kompositionen. Welch hohen Stellenwert Dall’Abaco einer ausdrucksvollen Gestaltung beimisst, zeigt sich beispielsweise darin, dass alleine fünf der acht Sonaten mit einem Cantabile-Satz eröffnet werden. Des Weiteren charakterisieren Doppelgriffe und brillante Sechzehntelfigurationen, die bis in die hohen Lagen geführt werden, wellenförmige Arpeggien, Vorhalte, Bordun-Abschnitte mit leeren Saiten oder im Daumenaufsatz sowie lebendige oftmals synkopierte Themen die musikalische Handschrift Dall’Abacos (vgl. Vorwort). Besonders zu erwähnen ist die Sonate ABV 30 in A-Dur, die durch ihren Umfang von fünf Sätzen aus den ansonsten dreisätzigen Werken heraussticht. Auch die Sonate ABV 26 in B-Dur hebt sich durch ihre vergleichsweise tiefe Lage und Notation vorwiegend im Bassschlüssel von den übrigen Sonaten ab.
Die Herausgeberin folgt mit ihrer Ausgabe der Cellosonaten von Dall’Abaco einer Abschrift aus der British Library. Die Edition enthält zwei Partituren, von denen eine zusätzlich mit Generalbassziffern ergänzt wurde. Der Mangel an Aufführungshinweisen sowie der Verzicht auf eine Bezeichnung der Cellostimme (abgesehen von vereinzelten Daumenaufsatzzeichen), auf dynamische Angaben sowie auf eine Aussetzung der Basso-Stimme für ein Tasteninstrument lassen darauf schließen, dass die Sonaten vorrangig für den professionellen Gebrauch konzipiert waren.
Eine Verwendung im Cellounterricht für fortgeschrittene Schüler ist ebenso denkbar: Mit 35 Sonaten in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden lässt sich hier – didaktisch aufbereitet – musikalisch aus dem Vollen schöpfen.
Anna Catharina Nimczik