Goepfert, Andreas

3 Clarinet Concertos

Rubrik: CDs
Verlag/Label: cpo 777 407-2
erschienen in: das Orchester 03/2011 , Seite 67

Wieder einmal hat Dieter Klöcker durch das Auffinden unbekannter Klarinettenkonzerte das Spektrum der Konzertliteratur für dieses Instrument erweitert. Andreas Goepfert (1768-1818), komponierender Klarinettenvirtuose, stammt aus der Würzburger Gegend und hat bei Philipp Meissner das Klarinettespielen gelernt. Er war so begabt, dass er als Zwanzigjähriger am Meininger Hoforchester angestellt wurde. Sein Bestreben, auch in der Komposition Fortschritte zu machen, stieß in Meiningen bei seinem Arbeitgeber auf keinen Widerhall. Alle Eingaben, Meiningen verlassen zu dürfen, um sich in Wien weiterzubilden, wurden abschlägig beschieden. Dies ist in der Tat bedauerlich, denn dass Goepfert nicht nur ein exzellenter Virtuose war, sondern auch ein großes kompositorisches Talent besaß, dokumentieren die drei hier erstmals eingespielten Konzerte.
Vielleicht sollte man sie in der umgekehrten Reihenfolge der Einspielung hören, also der Entstehungszeit folgend, denn dadurch werden einige Entwicklungstendenzen erkennbar. Das früheste Konzert Es-Dur op. 14 hebt sehr entschieden mit einer großen Geste des auch mit Pauken und Trompeten besetzten Orchesters an, die an Mozarts Jupiter-Sinfonie erinnert. Der Solopart ergeht sich gleich in Spielfiguren und gewinnt beim zweiten Thema lyrische Qualitäten. Das Adagio beginnt sehr ausdrucksvoll, verliert aber gegen Ende etwas an Tiefe. Der Schlusssatz ist ein ansprechendes Rondo. Die tiefe Lage der Klarinette wird in diesem Konzert noch nicht musikalisch ausgekostet. Der Orchesterpart macht an den begleitenden Stellen durch motivische Gestaltung auf sich aufmerksam.
Das Konzert B-Dur op. 20 beschränkt sich durch den Verzicht auf Pauke und Trompete auf eine kleinere Besetzung. In der Orchestereröffnung klingt die Musik, als hätten sich einige bekannte Motive in Goepferts Kopf festgesetzt und er hätte den zur Arbeit eilenden Ackermann aus Haydns Oratorium Die Schöpfung auf dem Feld beobachtet. Die Satztechnik wird durch Kontrapunktisches etwas belebt. Der Solopart nutzt jetzt zunehmend auch die tiefere Lage, wobei er sich durch die für die Klarinette typischen Begleitfiguren auch einmal mit der Rolle des Begleitens zufrieden geben muss. Der Largo-Satz zeigt in einer großen Kantilene die besonderen lyrischen Qualitäten Goepferts. Hier finden sich erfreulich wenig klischeehafte Stellen, einige schöne Einfälle und ein ausklingendes Satzende.
Das gewichtigste Konzert Es-Dur op. 35, wieder mit großer Orchesterbesetzung, steigert die technischen Ansprüche noch etwas, ohne aber in virtuosen Leerlauf zu fallen. Bemerkenswert ist der tiefgründige Beginn des langsamen Satzes mit Mozart’scher Geistesverwandtschaft. Der dritte Satz mit seinem heiter beschwingten reizvollen Thema lässt gegen Ende durch die Dramatik und den hinausgezögerten Schluss mit zwei kurzen Kadenzen aufhorchen. Auch wenn in den Konzerten Anklänge an die großen Zeitgenossen zu konstatieren sind, zeigt sich doch in der Verarbeitung viel Eigenes.
Dieter Klöcker, mit seinem unverwechselbaren kultivierten Klarinettenspiel auf höchstem Niveau, verhilft zusammen mit der engagiert musizierenden Jenaer Philharmonie unter Johannes Moesus Goepferts Werk zu einer nachträglichen Anerkennung durch die Musikwelt.
Heribert Haase