Werke von Tschaikowsky, Davidow, Liadow und anderen

19th Century Russian Cello Music

Dmitrii Khrychev (Violoncello), Olga Solovieva (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Naxos
erschienen in: das Orchester 12/2019 , Seite 71

Wer russische Cellomusik des 19. Jahrhunderts zum Thema einer CD macht, kommt an so großen Namen wie Pjotr Tschaikowsky und Nikolaj Rimskij-Korsakow nicht vorbei. Dmitrii Khrychev und Olga Solovieva rücken jedoch auch Zeitgenossen dieser beiden ins Rampenlicht, die trotz ihrer Erfolge zu Lebzeiten inzwischen eher unbekannt sind. So sind zum Beispiel viele Werke des Dirigenten und Komponisten Konstantin Liadow heute verschollen. Auch seine Fantasie über Zigeunerlieder existiert nur in Manuskriptform. Liadow kombiniert darin Bezüge auf sogenannte „Zigeunermusik“ mit Melodien aus seiner Heimat. Das Ergebnis ist ein gefühlvolles, dann wieder tänzerisches und insgesamt im besten Sinne kurzweiliges Stück, das die Künstler mit hörbarem Enthusiasmus darbieten.
Anton Arenskij war ein Schüler Rimskij-Korsakows und genoss um die vorletzte Jahrhundertwende einiges Ansehen als Komponist. Seine Zwei Stücke op. 12 bestehen aus einer bestrickenden „Petite Ballade“ und einer äußerst virtuosen „Danse Capricieuse“, in der Khrychev und Solovieva ihr technisches Können zeigen. Auch die unterschiedlichen Stimmungen der Vier Stücke op. 56 arbeiten die Musiker sehr gut heraus.
Der Cellist Karl Dawydow wirkte gegen Ende der 1850er Jahre als Stimmführer im Leipziger Gewandhausorchester und komponierte zeitlebens viel Schönes für sein Instrument. Seine Fantasie über russische Lieder op. 7 bringt die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten des Cellos optimal zur Geltung. Khrychev spielt sie mit großem Ton, scheint besonders die kernigen Tiefen zu genießen und arbeitet sich souverän durch Arpeggien, schnelle Lagenwechsel und Doppelgriffe. Einzig die dynamischen Abstufungen, die laut Partitur vom dreifachen Piano bis zum Fortissimo reichen sollten, hätten er und Solovieva mitunter vielleicht noch deutlicher ausgestalten können.
Für ihre spieltechnischen Herausforderungen sind auch Tschaikowskys Variationen über ein Rokoko-Thema in A-Dur op. 33 bekannt. Zu hören sind sie hier erstmals in der Originalversion für Cello und Klavier (also nicht in der bearbeiteten Fassung von Wilhelm Fitzenhagen). Ihr Hauptthema verweist klar auf Tschaikowskys großes Vorbild Mozart, weshalb Khrychev und Solovieva es passenderweise wohlartikuliert und elegant musizieren. Da andererseits im Verlauf des Werks immer wieder so etwas wie „russisches Kolorit“ durchschimmert, erscheint es aber ebenso passend, wenn der Solist in den Variationen III oder VII eben doch ins Schwelgen gerät oder die Kadenz in Variation II in ein melancholisches Nichts ausklingen lässt.
Den schwungvollen Schlusspunkt der CD bildet die Serenade op. 37 von Rimskij-Korsakow, die angesichts der schwierigen Lebensphase des Komponisten, in der sie entstand, erstaunlich lebhaft und fröhlich wirkt; geschrieben hat er sie für seinen Sohn Andrey – einen Cellisten – und sich selbst.
Insgesamt ein schönes Album mit einem natürlichen und transparenten Klangbild, das auch das Atmen des Solisten sowie die authentischen Nebengeräusche der Instrumente wiedergibt.
Julia Hartel