Klose, Dietrich (Hg.)
“Komponirt ist schon alles – aber geschrieben noch nicht”
Mozart zum Vergnügen
Über Mozart ist alles gesagt, behauptet der Herausgeber dieser kleinen, feinen Auswahl von Mozart-Briefen im Hosentaschenformat, und wer mag ihm nicht spontan Recht geben? Der Buchmarkt freilich lebt von Wiederholungen, und das Mozart-Jahr 2006 macht sicher nicht bekannt mit gänzlich unbekannten Seiten des ohnehin omnipräsenten Musikgenies. Das Mozart-Jahr macht bange: Die alten Hasen schreckt der Rummel, die jungen die unübersehbare Masse des scheinbar Neuen. Mozarts Dauergegenwart auf allen Rundfunk- und Fernsehkanälen, in allen Theatern, in allen Bücher- und CD-Regalen provoziert durchaus eine natürliche Abwehrhaltung. Aber ist Mozarts Musik und Persönlichkeit nicht ohnehin immer anwesend, in der schäbigsten Music-Corner des Supermarkts wie auf jedem Seniorenausflugsdampfer, im Klassikhäppchen-Dudelradio ebenso wie als Untermalung von Werbespots und Telefonwarteschleifen?
Das Gedenkjahr, das den Mozart-Kommerz letztlich nur unwesentlich vergrößern wird, hat auch sein Gutes: Es bringt frisch gedruckt, was längst im Bücherschrank verstaubt ist, und ermöglicht der jungen Generation auch preisgünstige Einstiege in den vielleicht umfassendsten Familien- und Künstlerkosmos, der aus jenen Tagen dieser die Welt mit revolutionärer Kraft bewegenden Epoche auf uns gekommen ist. Mozart war ihr Zeuge und ihr vielleicht größtes musikalisches Genie. Doch auch wer sich dem Jubeljahr-Chaos von neuen Einsichten und alten Weisheiten gänzlich entziehen will, der ist bei ihm selbst, bei Mozart, gleichsam wie im Auge des Sturms immer noch am besten aufgehoben.
Madame Mutter! / Ich esse gerne Butter
, reimt er aus Worms 1778 und fährt fort: Herr Wendling wird wohl böse seyn, / Daß ich kaum nichts geschrieben fein, / Doch wenn ich komm über dRheinbrücke / So kom ich ganz gewiß zurücke / Und schreib die 4 Quartetti ganz / Damit er mich nicht heißt ein Schwanz. / Und das Concert spar ich mir nach Paris, / Dort schmier ichs her gleich auf den ersten Schiß. Es ist nicht die einzige Probe seines scherzhaft-dichterischen Talents. Dietrich Klose hat eine vergnügliche Auswahl von Briefen getroffen, und ein Blick hinein, egal an welcher Stelle, garantiert ein Schmunzeln nach kürzester Zeit. Hinter diesem heiteren Ulk allerdings, das muss man und wird man nach der Lektüre bemerken, steht ein großer Ernst.
Es gibt kaum etwas Schöneres, Liebevolleres, Bezaubernderes, Vergnüglicheres als die privaten Mitteilungen dieses nicht nur um die Musik kreisenden riesenhaften Planeten des tönenden Universums. Dieses Reclamheftchen mit zwölf Abbildungen und einer sinnvoll komprimierten Lebenschronik präsentiert sie auszugsweise im handlichen Format, das als Quelle geistvoller Heiterkeit überall dabei zu haben sich anbietet.
Matthias Roth