Fath, Rolf
Reclams Mozart-Opernführer
Genau zur richtigen Zeit in Kürze beginnt das Mozart-Jahr 2006 anlässlich der 250. Wiederkehr des Geburtstags des Komponisten hat Reclam jetzt einen Mozart-Opernführer herausgegeben. Handlich, praktisch und gut passt das rechteckige Gelb in jede Hand-, Hosen- und Jackentasche, allzeit bereit, ein treuer und nicht nur überaus informativer Begleiter zu diversen musikalischen oder anderweitigen Gelegenheiten rund um Mozarts theatralische Sangeswelt zu sein. Denn für nur fünf Euro Einsatz erhält man über die bloßen, gut recherchierten Details hinaus diverse Hintergrundränke, seien es nun die bewegten Lebensumstände des Wolfgang Amadé oder Aufschlüsse über die Entstehung seiner sämtlichen Opern und dies alles sprachlich gut verständlich, mitunter gar ein spannungsreiches Lesevergnügen bereitend, ohne leichtfertig oder trivial über die Fülle der Fakten hinwegzufegen.
Der Autor Rolf Fath hat einige Übung im Verfassen von derartigen Informationsschriften: ein Opernlexikon (1989), ein Opernführer (1994), ein sechsbändiges Opernlexikon (1998), der Kleine Verdi-Opernführer und ein Kleiner Opernführer (beide 2000) sind bereits der Feder des Vielstudierten entsprungen. In einem ausführlichen Vorwort untersucht er kritisch die Wandlung des Mozart-Bilds, das zunächst und bis ins 20. Jahrhundert hinein neckisch, verspielt, eben ganz Rokoko ist, bevor es sich unter dem neu erschlossenen Begriff der Opernregie zu wandeln begann. Anhand eines kurzen Abrisses über richtungsweisende Opernregisseure (Ernst Lert, Peter Sellars, Götz Friedrich, John Dew, um nur einige zu nennen) skizziert er die Entwicklung mozartschen Regietheaters von den niedlich verspielten Anfängen bis zur umstrittenen modernen Doris-Dörrie-Così oder der Neuenfels-Entführung.
Das Mozart-Bild angefangen von dessen fragwürdigen Bildnissen bis hin zum Menschen Mozart hat sich also verändert und wird es weiterhin tun. Der Mozart-Opernführer versteht sich als Meilenstein auf diesem Weg der Veränderung, der das Interesse an den Aufführungen seiner Opern vertiefen und wecken und zur Beschäftigung mit ihnen anregen möchte. Denn, wie auch Robert Walser nach dem Besuch einer Figaro-Aufführung feststellte: Das Stück ist noch lange nicht aus, es kann gar nicht zum Schluss kommen, wie das nimmerwelkende, immer wieder grünende Leben.
An dieser Stelle begnügt Rolf Fath sich nicht mit einem kurzen biografischen Abriss Mozarts, wie man es vielleicht hier erwartet hätte. Er zeichnet aus einem Gestrüpp von Legenden, Anekdoten und Fakten ein geschichtlich und kulturell ausführliches und interessantes Porträt der Schauplätze von Mozarts Leben und der vielfältigen Einflüsse seiner Mitmenschen.
Nach 23 Seiten eng bedruckter Vorrede beginnt der eigentliche Opernführer, und zwar mit einer Übersichtstabelle. Jetzt bespricht der Autor auch das noch so frühe und bislang weitgehend unerwähnt gebliebene dramma per musica: Aufstellung der Personen, Ort, Zeit, Spieldauer, kurze musikalische Analyse der wichtigsten Grundmotive und musikalischen Details, Gesichtspunkte über Hintergrund und Entstehung, Einordnung in das Gesamtwerk. Besonders erfreulich sind die Inhaltsangaben, die hier trotz aller Verworrenheit, Intrige und Versteckspiel der Libretti klar verständlich dargestellt sind. Jede Besprechung endet mit CD- und/oder DVD-Empfehlungen. Im Anschluss finden sich Kurzbiografien sämtlicher Librettisten sowie nach den Literaturhinweisen ein ausführliches Verzeichnis der einzelnen Arien und Ensembles (Titel/Übersetzung, Wer/Wo) und vor allem für Sänger von Wichtigkeit ein Verzeichnis der Rollen mit Stimmfach und kurzer Beschreibung.
Dass dieses Bändchen mit zwölf Schwarz-weiß-Abbildungen verschiedener Inszenierungen geschmückt ist, erhöht das Vergnügen am Studieren und weckt einmal mehr die Lust, einer der diversen Mozart-Opern live teilhaftig zu werden, die uns kommendes Jahr überschwemmen werden.
Kathrin Feldmann