Franz Schubert

Werke für Klaviertrio

Trio Rafale

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Coviello Classics
erschienen in: das Orchester 01/2019 , Seite 73

Zehn Jahre ist es schon alt: das inzwischen mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Trio Rafale mit Maki Wiederkehr (Klavier), Daniel Meller (Violine) und Flurin Cuonz (Violoncello). Im Oktober 2017 haben sie sämtliche Klaviertrios von Franz Schubert im italienischen Sacile aufgenommen und sich dabei selbst gefragt, was ein kammermusikbegeistertes Ensemble dazu motivieren könne, all den „vielen Einspielungen noch eine weitere hinzuzufügen“. Allein von den beiden opp. 99 und 100 gebe es zusammengenommen schon 200 Einspielungen, die beiden Einzelsätze kämen immerhin zusammen noch auf die Hälfte.
Das Gleiche fragt sich selbstverständlich auch der Hörer: warum er zusätzlich zu den Aufnahmen, die geduldig in seinem Platten- oder CD-Regal harren, ausgerechnet noch diese kaufen soll. Es sei denn, er kennt das Ensemble. Wenn nicht, dann muss darauf vertraut werden, welche Aspekte dem Trio wichtig waren und ob es ihm möglich war, diese überzeugend umzusetzen. Immerhin spielen die drei den Finalsatz des Es-Dur-Trios mit der beinahe fünfminütigen Wiederholung des ersten Abschnitts, der in der Erstausgabe ebenso fehlt wie die Takte 462 bis 514, die andere Ensembles meist nicht spielen. Somit kommen sie auf eine Spieldauer von fast 23 Minuten und kreieren den längsten Satz in Schuberts Kammermusik.
Sie hätten es sich nicht leicht gemacht, schreiben sie im Booklet, bzw. sich „die Zähne ausgebissen“ – aber auch viel dazugelernt. Sie hätten nach „Sinnlichkeit“ gesucht, hätten sich mit der „Gegensätzlichkeit“ und der „Vielschichtigkeit“ der Schu­bert’schen Musik auseinan­dergesetzt. „Mit den wesentlichsten Themen des hochkomplexen Gebiets Leben und dadurch mit der Präsenz von Geheimnis und Unerklärlichem“ hätten sie sich konfrontiert gesehen. Daraus sei „die Faszination für Schuberts Musik“ entstanden, und auch die Schwierigkeit, sie zu spielen: Man könne ihrem Geheimnis nur näherkommen, indem man sie umkreise. Ein schöner und wahrer Gedanke.
Und in ihrer ersten Umkreisung sind die drei der Sache schon recht nahegekommen. Die erste Voraussetzung, das musikalische Material mit seiner Dynamik, seinen Phrasierungen und Tempi etc. in der nötigen Art und Weise spielerisch umzusetzen, ist an sich gelungen. Zu hören ist jedoch auch eine gewisse Jugendlichkeit und Unbekümmertheit, eine Schlankheit im Ton, die an die Rätselhaftigkeit und Tiefgründigkeit der Schubert’schen Kammermusik noch nicht heranreichen kann. Als Beispiel sei der langsame Satz des Es-Dur-Trios erwähnt, der bei aller Perfektion beinahe zu unbeweglich, zu eng, zu durchgängig erscheint. Ein Nachsinnen in der Musik fehlt, sie bleibt ohne durchdringende Außenwirkung auf sich selbst gerichtet.
Der Quartettsatz D28 braucht dies jedoch nicht. Der ist unbekümmert und wurde so interpretiert. Die Tiefgründigkeit des Einzelsatzes D897 gelingt da schon besser, spielerisch auf sehr hohem Niveau.
Werner Bodendorff

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