Gustav Mahler
Symphony No. 4 nicht zu schnell
Miah Persson (Sopran), Orchestre Philharmonique du Luxembourg, Ltg. Gustavo Gimeno
Langsamkeit hat Programm. Das Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Gustavo Gimeno hat sich in vorliegender Aufnahme von Gustav Mahlers 4. Symphonie mit dem Titel „nicht zu schnell“ Tempomäßigung auferlegt. Tatsächlich haben alle vier Sätze bedächtige, gemächliche, ruhevolle und behagliche Grundtempi – sie alle strahlen echt österreichische Gemütlichkeit aus. Aber auch der der Symphonie angehängte, früh komponierte Klavierquartettsatz in der 2008/09 hergestellten Orchestrierung aus der Feder von Colin Matthews erscheint ruhig: Sie gibt der CD letztlich sogar den Namen. Tatsächlich haben sich die Akteure bei der Aufnahme im Februar 2017 in der Philharmonie Luxembourg Zeit gelassen, vergleicht man die Aufnahme mit einigen älteren Aufnahmen. Dennoch gilt das nicht für alle Sätze gleichermaßen – die Grenze zur Stunde wird allerdings nicht „geknackt“.
Wohl dank der ausgeklügelten Technik des „SA-CD-Hybrid Multichannel“ ist es möglich, die Transparenz sehr durchsichtig, die Klänge nuanciert und fein durchzugestalten, die bestens austariert erscheinen. Einzelne Instrumente
wie Bassklarinette oder Kontrafagott sind in ihrer Stimmführung ebenso deutlich zu hören wie Englisch Horn und die anderen, nicht solistisch besetzten zweiten und dritten Bläserstimmen. Die Piccoloflöte verleiht dem Holzbläsersatz in ihrer Höhe eine scharfe Würze, die Hörner und Trompeten treten nie zu sehr in den Vordergrund, sind aber zugegen, wenn sie gefordert werden. Die Harfe kommt in den Liegetönen der Streicher mit dunklem Ernst daher. Ebenso tritt die im zweiten Satz jeweils einen Ton höher gestimmte Solo-Violine (a-e-h-fis), der Mahler vorgibt: „wie eine Fidel“, bei dieser Aufnahme keck, aber nicht vorlaut hervor wie auch der Streicherapparat, und im Kopfsatz sind insbesondere die geteilten Celli sehr differenziert zu hören.
Interpretatorisch hält sich Gimeno genau an die Mahler’schen Vorgaben, und das sowohl in den fein abgestuften dynamischen Vorgaben bis zum 5-fachen Pianissimo und den zahlreichen Tempowechseln. Das Orchester zeigt sich hier sehr flexibel und ausdrucksstark in höchster Perfektion. Im Finalsatz kommt es Mahlers Bitte „es ist von höchster Wichtigkeit, daß die Sängerin äußerst diskret begleitet wird“ nach, trotzdem muss sich die schwedische Sopranistin Miah Persson schon anstrengen, um sich in den rasanten Tuttistellen durchzusetzen. Ihre anfangs kehlige Stimme verschönert sich in den „plötzlich zurückhaltenden“ Passagen zu einem glasklaren Gesang. Da Mahler eine Stimme „mit kindlich heiterem Ausdruck“ wollte, scheint das Vibrato leicht überdosiert.
Das herrliche Klavierquartett, welches Mahler im Alter von 16 Jahren komponierte, erscheint hier in Gestalt „als Vision eines erschütternden Spätwerks“, so Olaf Wilhelmer im Booklet. Ein nicht ganz sorgenfreier Vorschlag, der es aus der Perspektive des geballten Gesamtwerks einschließlich der Zehnten nicht nur betrachtet, sondern auch ziemlich aufbläht.
Werner Bodendorff