Ernest Bloch/Antonín Dvorák

Schelomo/Klid „Silent Woods“/Cello Concerto

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Audite
erschienen in: das Orchester 01/2018 , Seite 70

„Ich bin Jude und will jüdische Musik schreiben“ – das war das Credo von Ernest Bloch, der der französischen Musik nahestand. Dies wird auch bei der interessanten Neueinspielung mit dem Cellisten Marc Coppey und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter der einfühlsamen Leitung von Kirill Karabits deutlich. Herbe hebräische Melodien zeigen bei dieser konzentrierten Interpretation ihre drastische Deutlichkeit. Dramatik und Schwermut vermischen sich dabei mit wilder Ekstase, die Coppey gut kontrollieren kann und dabei vom Orchester nie „zugedeckt“ wird. Das Cello singt, spricht und psalmodiert auf vielfältige Weise, weil Coppey sein Instrument lebendig macht.Das Werk Klid (Waldesruhe) stammt ursprünglich aus Dvoráks vierhändigen Klavierstücken Aus dem Böhmerwald op. 68. Später arrangierte Dvorák dieses Werk für Violoncello und kleines Orchester. Vor allem die expressiven Passagen betont Marc Coppey hier sehr eindringlich. Steigerungswellen vom Monolog zum Dialog entwickeln sich wie von selbst. Dirigent Kirill Karabits und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin entdecken zusammen mit dem Solisten viele rhythmische Finessen in dieser klangfarblich facettenreichen Partitur.Noch eindringlicher und klangschöner gelingt Coppey das berühmte Konzert für Violoncello und Orchester in h-Moll op. 104 von Antonín Dvorák, wo die thematischen Verbindungen in facettenreicher Weise hervorstechen. Ein melancholischer Gruß an die böhmische Heimat ist nicht zu überhören. Marc Coppey vermeidet bei seiner ausdrucksvollen Wiedergabe aber jede Sentimentalität und Künstlichkeit. Sein Spiel wirkt nie aufgesetzt, der Bogenstrich besitzt Emphase und Leidenschaft, die sich aber auch gut bändigen lässt.Der Aufbau im Sonatenschema lässt sich überzeugend nachvollziehen, der Hörer bleibt nie unbeteiligt. Wucht und Energie des Hauptthemas gehen nicht unter, lyrische Sehnsucht berührt den Hörer hier ungemein. Frei ausströmend kann sich auch das Adagio ma non troppo entfalten, dessen Kantilenen einen klangfarblichen Zauber besitzen, der nicht nachlässt. Gütig und innig zeigt sich der geheimnisvolle Glanz des Heimwehs. Reminiszenzen an das Dvorák-Lied Lass mich allein in meinen Träumen gehn erscheinen klar und durchsichtig.Im Finale Allegro moderato kann sich ein effektvolles Rondo mit immer heftigerer Ausgelassenheit behaupten, auch die spielerisch-­konzertanten Momente kommen nicht zu kurz. Das breite Hauptthema zeigt zuletzt markante Präzision. Die schwungvolle Kraft des Finales reißt den Hörer unmittelbar mit. In technisch anspruchsvollen Abwandlungen kann sich die überströmende Melodiefülle nicht nur beim Violoncello bestens behaupten. Emotion und Kalkül könnten manchmal sogar noch ausgefeilter sein.
Alexander Walther

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