Brahms, Johannes

String Quintets

WDR Symphony Orchestra Cologne Chamber Players

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Pentatone
erschienen in: das Orchester 11/2017 , Seite 66

Was für ein „Schwanengesang“ wäre dieses Werk gewesen! Johannes Brahms schien zeitweise gesinnt, sich mit dem Streichquintett in G-Dur op. 111 vom Komponieren zu verabschieden. Der Kontrast zu vielen der Werke, die er dann doch noch nachschob (man denke etwa an das Klarinettenquintett, an die Vier Ernsten Gesänge), ist beträchtlich. Nichts von Trauer und Resignation hier, auch kein intimes kammermusikalisches Flair, sondern ein geradezu orchestraler Gestus, sogar jugendliche Frische. So kommt das Werk zumindest in der Interpretation der „Chamber Players“ des WDR Sinfonieorchesters Köln daher. Die gehen mit Lust und Laune zu Werke, mit kraftvoller, raumgreifender Gebärde, aber auch mit dem Feinsinn und der Liebe zum Detail, die diese differenziert gearbeitete Partitur braucht.
Stark eingängig schon der Beginn: Unter dem Klangfeld der oberen Streicher lässt Susanne Eychmüller ihren Cellopart sich von ganz unten emporschwingen, oben dann mit energetisch geladenem Ton gleichsam Flugkunststücke vorführen, bevor die Geigen die Thematik aufnehmen und alles zu einem rhythmisch pulsenden, blendenden Klangfeld verschmilzt.
Bewundernswert, wie vergleichsweise wenig klangliches Volumen die „Chamber Players“ aufbieten müssen, um das inhaltliche Gewicht dieser Musik darzustellen. Schwere, Geräuschhaftigkeit von Brahms’ Musik? Nicht bei dieser Aufnahme. Stattdessen eine Lebendigkeit, die gesetzt und quirlig zugleich anmutet, die Partitur luftig und transparent zum Klingen bringt, ohne falsche Patina, aber auch ohne Sprödigkeit. Die gelungene Balance zwischen Schwere und Leichtigkeit, die diese Aufnahme sowohl in interpretatorischer wie auch in klanglicher Hinsicht auszeichnet, dürfte ihr größter Pluspunkt sein.
So auch im F-Dur-Quintett op. 88. Dieses scheint im Charakter kammermusikalischer, intimer, klanglich gedeckter zu sein als das später entstandene Schwesterwerk. Das kultivierte Ebenmaß von Lebhaftigkeit und Feinfühligkeit der „Chamber Players“ bewährt sich auch hier. So gefällt der lyrische Ton, den die Fünf im Kopfsatz anschlagen – und den sie im A-Dur-Seitenthema noch einmal sich behaglich verbreitern lassen: Mischa Pfeiffer an der ersten Bratsche gestaltet sehr sprechend und mit Gusto, bringt die kleine Figur mit Achtelauftakt und das anschließende Wechseltonmotiv neckisch und zögernd zugleich. Auf abgeklärte Weise sind aber dunklere Töne nirgends fern. Überzeugend gelingen die langsamen Sätze der beiden Werke mit ihrem rhapsodisch-balladenhaften, tragisch angehauchten Tonfall, den die „Chamber Players“ ganz natürlich, ohne Künstelei für sich sprechen lassen.
Manches könnte man an dieser Einspielung noch im Einzelnen hervorheben und loben: Das melancholische, in stockender Bewegung sich vortastende „Un poco Allegretto“ aus op. 111, die zackigen, kehrausmäßigen Finali. Vielleicht genügt es aber auch zu sagen: Wer eine lebendige, ebenso kultivierte wie unverkrampfte Brahms-Darbietung hören will, greife zu.
Gero Schreier

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support