Schumann, Robert

Piano Trio No. 2 op. 80 / Piano Quartet op. 47

Münchner Klaviertrio: Donald Sulzen (Klavier), Michael Arlt (Violine), Gerhard Zank (Violoncello); Tilo Widenmeyer (Viola)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 16406
erschienen in: das Orchester 09/2016 , Seite 72

Es ist beinahe sympathisch, wenn Urgesteine des klassischen Musikbetriebs wie die Mitglieder des Münchner Klaviertrios es sich einfach leisten, die eigene Homepage ein paar Jahre nicht zu überarbeiten. Die jüngste CD stammt dort von 2009, das nächste Konzert findet 2011 statt. Doch Donald Sulzen, Michael Arlt und Gerhard Zank spielen noch, ohne Zweifel. 1982 haben sie ihr Ensemble gegründet, die Streicher sind immer noch Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters – das bereits jetzt für Juli 2017 einen Auftritt des Trios annonciert.
Zahllose Aufnahmen sind in den vergangenen Jahrzehnten entstanden mit bekannten und unbekannten Werken. Auch Schumann haben die Münchner schon aufgenommen, nur eben nicht Robert, sondern Georg Schumann: den 1952 gestorbenen Direktor der Berliner Singakademie. Nun aber der Romantiker: Von Robert Schumann hat sich das Trio das zwei­te, vermeintlich unbeschwertere ausgesucht – op. 80 F-Dur, aus dem Jahr 1847. Die anderen zwei Trios stehen in Moll. Daneben enthält die 2016 bei Genuin erschienene CD Schumanns einziges Klavierquartett op. 47 von 1842.
Beide sind absolute Meisterwer­ke der Kammermusik, die immer wieder neu zu entdecken reizvoll ist. Das Trio op. 80 entstand in schwerer Zeit, als körperliche Gebrechen und depressive Anfälle Schumann das
Leben gallig machten. Kontrapunktisch und formal sind die Sätze präzise durchkonstruiert, und doch steht meist die musikalische Poesie im Vordergrund. Der dritte Satz in seiner Tragweite ist zum Beispiel kein Menuett im eigentlichen Sinne, sondern ein todtrauriges Lied, das von einem volkstümlichen Schleier nur mühsam bedeckt wird. Der Choral am Ende dieses Satzes gelingt dem Münchner Klaviertrio besonders bewegend, mit seinen Trillern, die schon gespenstisch auf Mahler verweisen.
Überflüssig zu erwähnen, dass Sulzen, Arlt und Zank eine untrennbare musikalische Einheit sind, in der jeder der Mitspieler sich in den Dienst des kleinen Kollektivs stellt und nicht danach sucht, solistisch aufzutrumpfen. Es ist mit Händen zu greifen, wie hier jeder auf jeden achtet. Außerordentlich die sinfonische Klangentwicklung im ersten und am Ende des letzten Satzes. Bei­nahe atemlos spielen sie dagegen die langsame Einleitung des Klavierquartetts, in dem Tilo Widenmeyer an der Bratsche hinzutritt. Gegensätze werden deutlich, Eusebius und Florestan – doch nie hört man flache Euphorie. Es dominieren, so hat es Schumann auch komponiert, gedeckte Töne und das dichte Geflecht der Mittelstimmen. Und Schubert’sche Unruhe, etwa im Scherzo des Quartetts – zu Tränen rührende Gesanglichkeit, im langsamen Abschnitt. Bei aller Vielfalt lässt das Münchner Klaviertrio den musikalischen Satz nicht auseinanderfallen, reißt keine Lücken und Löcher, ist nicht um Brüche bemüht, sondern um Geschlossenheit. Das ist, trotz zahlloser Aufnahmen auf dem Markt, immer wieder hörenswert.
Johannes Killyen

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support