Werke von Karl Amadeus Hartmann, Mieczyslaw Weinberg und Dmirti Shostakovich
Wartime Consolations
Linus Roth (Violine), José Gallardo (Klavier), Württembergisches Kammerorchester Heilbronn, Ltg. Ruben Gazarian
Seit seinem Tod 1996 ist Mieczyslaw Weinberg der kompositorische Durchbruch gelungen, sei es durch seine zahlreichen Sinfonien, die Oper Die Passagierin op. 97 oder verschiedene Kammermusikwerke. Nachdem Linus Roth und José Gallardo für Challenge das komplette Werk Weinbergs für Violine und Klavier auf drei SACDs eingespielt haben, legen sie hier eine weitere CD-Premiere nach, den 1945 unvollendet gebliebenen Kopfsatz einer Violinsonate von Dmitri Schostakowitsch. So interessant dieser Repertoireaußenseiter sein mag, so kann doch die vorliegende Interpretation kaum als Referenzeinspielung bezeichnet werden Roths Klang ist allzu brillant, zu wenig der Musik untergeordnet. Auch scheint es, dass Gallardo absichtlich von der Aufnahmetechnik etwas in den Hintergrund gerückt wurde, sodass nicht durchgehend von gleichberechtigt kammermusikalischem Musizieren die Rede sein kann.
Alle weiteren Programmpunkte sind Werke mit Orchester. Im Zentrum stehen Weinbergs Concertino op. 42 für Violine und Streicher (1948) und Karl Amadeus Hartmanns Concerto funèbre aus dem Jahr 1939. Die Kopplung erweist sich zwar als stimmig, doch im Gesamtgefüge der SACD nicht wirklich ausgewogen (hier erweist sich als nachteilig, dass Roth Weinbergs Violinkonzert schon 2014 vorgelegt hat, gekoppelt mit dem Violinkonzert Benjamin Brittens). Weinbergs essenziell lyrisches, sich aber expressiv steigerndes Werk mit jiddischem Einschlag und eindeutigem Schostakowitsch-Einfluss im Finale ist gleichwohl nicht Hartmanns epochalem Werk gleichgewichtig. Hier gelingt Roth vielleicht auch die größte Einheit von Ton und Gehalt die Interpretation wirkt wie aus einem Guss, emotional voll ausgefüllt und mit der genügenden Zeit ausgearbeitet und gereift.
Komplettiert wird die Produktion durch Weinbergs Rhapsodie über Moldawische Volksthemen op. 47 Nr. 3 aus dem Jahr 1949, in einer Fassung mit Orchester von Ewelina Nowicka, an Stelle einer vermutlich verschollenen originalen Orchesterfassung. Einerseits bietet Roth raffiniertes, dynamisch ausgereiftes Spiel dar, greift aber immer wieder auf viel Portamento zurück, um so offenbar besonders viel Emotion zu evozieren. Dass die Musik dies ebenso wenig nötig hat wie der Sonatensatz von Schostakowitsch, bewirkt, dass der Effekt gelegentlich gewollt wirkt, nicht zutiefst musikalisch empfunden.
Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Ruben Gazarian ist in allen drei Werken gleichermaßen inspiriert und technisch versiert mit von der Partie, trifft den Ton der Kompositionen sogar durchgängig pointierter als der Solist. Die Aufnahmetechnik ermöglicht außerordentliche Durchhörbarkeit und Klarheit.
Jürgen Schaarwächter