Werke von Paul Juon, Fabian Müller, Ernest Bloch und Arthur Honegger
Georgisches Kammerorchester Ingolstadt
Kamilla Schatz (Violine), Pi-Chin Chien (Violoncello), Ltg. Ruben Gazarian
Als Mitte Januar Ruben Gazarian beim Georgischen Kammerorchester Ingolstadt (GKO) sein offizielles Antrittskonzert als neuer Chefdirigent leitete, war schon atmosphärisch geradezu greifbar, dass eine neue, erfolgversprechende Ära anbrach. Nach den recht destruktiven Wirren der jüngsten Zeit war dies beim GKO zwingend notwendig. Auch programmatisch war der Amtsantritt des gebürtigen Armeniers ein Paukenschlag, denn: Es kamen nur Werke des 20. und 21. Jahrhunderts zu Gehör, eben kein gewöhnliches Sandwich-Programm mit Tradition und Alibi-Moderne.
Noch dazu hat sich Gazarian, der zudem beim Württembergischen Kammerorchester in Heilbronn die Künstlerische Leitung verantwortet, für Werke entschieden, die im Konzertleben allgemein sträflich vernachlässigt werden. Swiss Made lautete das Motto des Abends, der jetzt als Live-Mitschnitt auf CD erschienen ist. Komponisten mit Schweiz-Bezug sind versammelt, im Zentrum steht der 1964 geborene Schweizer Fabian Müller. Aus seiner Feder stammt das postmoderne, durchaus traditionsgebundene Concerto per Klee für Cello und Streichorchester von 2007, das das GKO mit der Ehefrau Müllers, der taiwanesischen Cellistin Pi-Chin Chien, als Solistin realisiert hat eine Hommage eben an den Maler Paul Klee, der von den Nationalsozialisten ins Schweizer Exil getrieben wurde.
Zugleich ist auf der CD der Arrangeur Müller vertreten. Von Ernest Bloch hat er das ostjüdisch gefärbte Baal Shem für Violine und Streichorchester bearbeitet (Solistin: Kamilla Schatz) sowie die Suite op. 89 von Paul Juon. Beide Werke hat Müller kunstvoll orchestriert, was gerade die differenzierten Gestaltungen verdeutlichen. Indes ist es nicht zuletzt die Sinfonie Nr. 2 von Arthur Honegger für Streichorchester und Trompete von 1941, die den Anbruch der neuen Ära beim GKO hörbar macht. Wohltuend uneitel, sehr transparent und im besten Sinn empathisch führt Gazarian das Orchester durch die tückische Partitur. Jeder Klang wird genau seziert, um einnehmende Raum- und Farbwirkungen zu kreieren. Es zeigt sich, dass das GKO keine namhaften Solisten benötigt, um zu glänzen.
Und die nächsten CD-Veröffentlichungen sind schon in der Pipeline. Am 1. November 2015 erscheint beim Label Ars das diesjährige fünfte Abo-Konzert des GKO auf CD ein nicht minder ungewöhnliches Programm mit den zwei Concerti für Klaviertrio und Streichorchester sowie der Partita für Streichorchester von Bohuslav Martinu, das mit dem Storioni Trio realisiert wurde. Als dritte CD-Veröffentlichung ist 2015 beim Label Stan noch das Programm des Oktober-Abokonzerts geplant. Neben der Carmen-Suite von Rodion Shchedrin steht die Kammersinfonie op. 110a von Dmitri Schostakowitsch an eine vom Komponisten autorisierte Bearbeitung des Streichquartetts Nr. 8 durch Rudolf Barshai.
Marco Frei