Haydn, Joseph & Michael
Horn Concertos / Fragments K. 370B/371
Felix Klieser (Horn), Württembergisches Kammerorchester, Ltg. Ruben Gazarian
Felix Klieser hat über sich den frappierend schönen Satz gesagt, er sei von Beruf Hornist und nicht behindert. Dennoch fällt es (noch) schwer, das Spiel des 24-Jährigen von den Rahmenbedingungen zu trennen, denen es unterliegt. Denn Felix Klieser ist ohne Arme zur Welt gekommen und spielt trotzdem ein ganz normales Alexander-Horn, dessen Ventile er mit den Zehen seines linken Fußes bedient. Nicht nur für Hornisten ist das eine aberwitzige Vorstellung. Aber es funktioniert, und wie! Obwohl Klieser den Klang seines Instruments im Schalltrichter nicht mit Hilfe der Hand abdunkeln und festigen kann.
Er hat einen Bundespreis bei Jugend musiziert gewonnen und ist Echo Klassik-Preisträger. Nach seiner ersten CD mit romantischer Musik für Horn und Klavier (siehe auch Besprechung in das Orchester 1/2014, S. 82) hat Felix Klieser nun die Konzerte von Joseph und Michael Haydn aufgenommen sowie zwei Konzertfragmente von Mozart. Er schließt damit zwar keine Repertoirelücke, denn gerade die Haydn-Konzerte sind für Hornisten eigentlich Standardwerke. Aufnahmen davon gibt es aber (im Gegensatz zu den omnipräsenten Mozart-Konzerten) erstaunlich wenige, eine noch geringere Zahl ist derzeit verfügbar. Es war also durchaus an der Zeit, die drei D-Dur-Werke wieder ins Bewusstsein vor allem der nicht-hornistischen Öffentlichkeit zu rücken.
Das erste der Konzerte von Joseph Haydn stammt aus dem Jahr 1762 und ist technisch, vor allem im dritten Satz, recht anspruchsvoll sowie einigermaßen (wenn auch nicht sehr) hoch. Das zweite ist etwas einfacher, fordert dafür mehr Flexibilität in der Tiefe. Ob es tatsächlich von Joseph Haydn stammt, ist umstritten. Das Concertino von Michael Haydn (dem älteren der beiden Brüder) entstand Ende 1760er Jahre, auch hier ist der schnelle Satz recht virtuos. Stilistisch stehen alle drei Stücke zwischen Barock und Klassik, das Horn ist manchmal mehr ein Fanfaren-, dann wieder ein voll entwickeltes Melodieinstrument.
Ursprünglich wurden Haydns Konzerte mit enger mensurierten Hörnern gespielt als heute, sie waren schlank im Klang. Davon hebt sich Kliesers raumgreifender Ton recht deutlich ab, und das ist auch ein Manko dieser Aufnahme. Während das Württembergische Kammerorchester (modern instrumentiert) meistens straff und knapp artikuliert, setzt der Hornist nicht selten breit angestoßene Noten dagegen. Das wirkt dann mitunter behäbig, obwohl Klieser technisch so schnell niemand etwas vormacht. Kleine Einbußen gibt es nur im letzten Satz des ersten Haydn-Konzerts, ansonsten spielt er virtuos und ohne Fehl und Tadel. Wunderbar innig sind die langsamen Sätze, etwa der des zweiten Haydn-Konzerts.
Am schönsten an Felix Kliesers Hornspiel sind seine Bindungen, bei denen einem das Herz aufgeht (zum Beispiel die Oktavbindung im Hauptthema von Mozarts fragmentarischem Es-Dur-Allegro). Und auch die Lippentriller gelingen ihm exzellent. Trotzdem hat seine erste CD mit romantischem Repertoire mehr überzeugt.
Johannes Killyen


