Spohr, Louis

Klarinettenkonzert Nr. 1

c-Moll op. 26, Klavierauszug, hg. von Ullrich Scheideler, Urtext, Klavierauszug von Christoph Sobanski

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henle, München 2015
erschienen in: das Orchester 10/2015 , Seite 66

“Für den Spieler enthält dieses Conzert die höchsten Schwierigkeiten, die sich auf der Clarinette denken lassen; doch sie wurden alle mit einer ungezwungenen Leichtigkeit und Präcision und Deutlichkeit, verbunden mit einem seelenvollen Vortrage ganz in des Componisten Geist, vom Herrn Hermstedt besiegt.” So äußerte sich das Journal des Luxus und der Moden über das “Conzert aus C moll” von Louis – ursprünglich Ludewig – Spohr nach der Weimarer Aufführung 1810. Hermstedt zählt zu den Instrumentalisten, die wegen des Anspruchs der Musikliteratur für ihr Instrument, in diesem Fall das Spohr’sche 1. Klarinettenkonzert, bauliche Verbesserungen an ihrem musikalischen Ausdrucksmittel vorangetrieben haben. Die Klarinette war noch jung, hatte alle Entwicklungen noch vor sich.Vermutlich der Göttinger Instrumentenbauer Johann Heinrich Gottlieb Streitwolf erweiterte die um 1800 mit lediglich fünf bis sechs Klappen versehene Klarinette auf Betreiben von Hermstedt um fünf Klappen und einige Grifflöcher.
Das Konzert in c-Moll erforderte so viel Können, dass der frühere Violinist Spohr dem Verleger Kühnel schrieb, es besser nicht herauszugeben. Um es der Allgemeinheit doch zugänglich machen zu können, entschloss sich Spohr 1811, eine Reihe von Vereinfachungen – vor allem bei hohen Tonlagen – vorzunehmen. Diese Vereinfachungen, die auch weiter von Solisten vorgenommen wurden, und die baulichen Verbesserungen der Klarinette brachten dieses Werk seinerzeit weiter in die Zone des Spielbaren. Spohr schreibt dazu: “Möge dieses Concert doch die Komponisten für Clarinette, (dieses, so wie Herr Hermstedt es beherscht, gewiss vollkommenste aller Blasinstrumente,) veranlassen, die Monotonie der meisten bisherigen Clarinett-Kompositionen, die gröstentheils aus der Wiederhohlung der gewöhnlichen fingerleichten und zum Ueberdruss abgedroschenen Concert-Passagen bestehen, zu vermeiden, und für dieses an Umfang und Ausdruck so reiche Instrument ein weiteres Feld zu suchen.”
Spohrs Opus 26, entstanden 1808/09, erschienen 1812, besteht aus den drei Sätzen Adagio(-Einleitung)-Allegro, Adagio sowie Rondo (Vivace). Ein Hauptmerkmal seines Stils war der schwärmerisch-romantische Tonfall, der im Melodieverlauf dieses Werks auch oft indirekt komponiert ist. Spohrs Vorliebe für Moll-Tonarten, Vorhalte, Chromatik und die Verwendung seiner Zeit vorauseilender Harmonien lässt ihn zuordnungsfeindlich typisch zwischen den Epochen als markanten Stern aufblinken.
Die vorliegende Ausgabe des Klarinettenkonzerts aus dem Henle-Verlag als Gemeinschaftsproduktion mit Breitkopf & Härtel ist in bewährter Manier mit dem Markenzeichen einer wissenschaftlich fundierten Arbeit behaftet. Die dem Original beigefügten Vereinfachungen im Klarinettenpart reduzieren die technischen Anforderungen erheblich; dennoch kann sich ein Oberstufenschüler einer Musikschule mit Drang zum Aufstieg auch an dieser Fassung abarbeiten. Der Reiz dieses schönen Klarinettenkonzerts lässt allenthalben die technische  Verfeinerungsmühseligkeit hin zu guter Übemotivation wandeln. Ein Klavierschüler mit Klassische-Sonaten-Erfahrung bewältigt den Klavierpart, der ohne Überflüssiges klarinettendienlich das Orchester mimt.
Maximilian Schnurrer

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