Brahms, Johannes
Violin Concerto / Double Concerto
Erik Schumann (Violine), Mark Schumann (Violoncello), Nürnberger Symphoniker, Ltg. Alexander Shelley
Der Ton ist weich, aber nicht verweichlicht; er kann aber auch gleißend strahlen im eigenen Klangglanz. Doch der Gesamteindruck, den Erik Schumann, sein jüngerer Bruder Mark und die Nürnberger Symphoniker mit dem aus London gebürtigen Dirigenten Alexander Shelley vermitteln, bleibt sanft und lyrisch gestimmt. Das liegt zum einen an der Auffassung des/der Solisten, zum anderen aber auch an der Leitung beider Stücke: Shelley, damals 30-jährig als Shootingstar 2009 in die Frankenmetropole gekommen, achtet auf Mäßigung, auf poetische Akzente sowie auf ein inspiriertes Binnenklima. Das passt gut zu Brahms. Oder anders gesagt: Das Klischee des grummelnden, sogar düsteren Wagner-Antipoden wird nicht bedient. Brahms klingt in beiden Kompositionen insgesamt freundlich, friedfertig und weltoffen, lebensbejahend und vor allem zuversichtlich.
Das dreisätzige, klassisch temperierte Violinkonzert (1878) mit dem dominierenden ersten, langen Satz (Allegro non troppo) genießt Solist Erik Schumann als dankbare Folie für fast alle geigerischen Qualitäten. Das Verhältnis von technischer Brisanz und leuchtender Farbe stimmt
bei ihm. Das Adagio könnte ihm ein privates Anliegen sein Schumann wiegt sich geschmeidig in der Partitur des Miteinanders. Solospiel und Orchester reiben sich harmonisch aneinander, wohl wissend (Dirigent!), dass sie sich wechselseitig brauchen.
Etwas eckiger, auch rhythmisch pointierter klingt die Sinfonia concertante, bei der sich Brahms vermutlich an Antonio Vivaldi oder sogar Ludwig van Beethoven (Tripelkonzert) orientiert. Wobei Brahms die beiden Solo-Instrumente miteinander spielerisch verzahnt: Sie atmen in einer zupackenden Vitalität und in einer liebenswürdigen Grundhaltung und verströmen den jeweiligen Respekt voreinander. Dieses Konzept wird bei den beiden Schumanns konsequent angewandt. Die baritonale Eleganz beim Cellisten und die stupende Glut des Geigers begegnen sich freundschaftlich. Das Concertante wird von beiden und schließlich auch vom Dritten (eben dem Dirigenten) tadellos als Pflicht begriffen.
Die Nürnberger Symphoniker erweisen sich einmal mehr als angemessen im Umgang mit dem Tutti-Klang und mit den feineren Nerven der solistisch geprägten Passagen. Im Verhältnis zu den beiden Solo-Streichern drängen sie niemals nach vorn, sondern grundieren das gesamte Brahmssche Romantik-Gemälde beider Werke.
Jörg Loskill


