Beethoven, Ludwig van

Piano Trios op. 70 No. 1 (“Geistertrio”), op. 121a & op. 1 No. 2

Trio Ex Aequo: Matthias Wollong (Violine), Matthias Moosdorf (Violoncello), Olga Gollej (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin Classics GEN 15344
erschienen in: das Orchester 07-08/2015 , Seite 77

Am leichtesten fällt die Annäherung an diese Produktion, wenn man sich zunächst mit den „Kakadu-Variationen“ op. 121a beschäftigt: Die dynamisch sorgfältig gestaltete Einleitung, das Herausarbeiten einzelner Motivbausteine, die sich dann später wie von selbst zum Variationsthema fügen, die agogisch nuanciert als sich steigernder Spannungsverlauf dargebotene Variationenfolge und schließlich die besondere klangliche Präsentation einzelner Variationen – man beachte die Verflechtung der Instrumente in Variation IX oder den Einsatz der sul ponticello-Klangfarbe in den Pianissmo-Passagen von Variation X – heben sich weit über die Darstellung der übrigen Werke hinaus.
Dieser positive Eindruck bleibt auch während der fantasierend schweifenden Darbietung der Einleitung zum G-Dur-Trio op. 1 Nr. 2 bestehen, schwindet jedoch nach Eintritt des Allegro-vivace-Teils mehr und mehr. Obgleich die Wiedergabe technisch sicher ist und sich im weiteren Verlauf des Werks viele ansprechende Details benennen lassen – etwa der durch den Geiger agogisch aufgestaute Einsatz des Kopfsatz-Seitenthemas oder die melodische Gestaltung im Largo –, fällt es selbst nach mehrmaligem Hören schwer, die spezifische Charakteristik der Aufnahme zu benennen. Da sich gerade kleinteilig komponierte Passagen wie jene des Scherzos dem Hörer ausnehmend spannend darbieten, scheint die Ursache hierfür im interpretatorischen Umgang mit übergreifenden musikalischen Entwicklungen zu liegen, im nur abschnittsweise und nicht über den gesamten Satzverlauf gedachten musikalischen Diskurs, zu dem im Finale die Tendenz der Musiker tritt, mehr auf Prägnanz und virtuos ausformulierte Details als auf inhaltliche Aspekte zu setzen.
Vollends unbefriedigend wirkt dieser Ansatz im Trio D-Dur op. 70 Nr. 1, das als eröffnendes Stück den Gesamteindruck der Produktion wesentlich bestimmt: Im Kopfsatz zielen die Interpreten auf ein Moment der Unruhe, das jedoch in Kurzatmigkeit und Hektik umschlägt, obgleich das Tempo nicht so rasch gewählt ist wie bei anderen Ensembles. Dass dies eine bewusste interpretatorische Entscheidung ist und man zugunsten eines abrupten Nebeneinanders von Klangsituationen, aus dem der Themenkopf immer wieder als Klangsignatur herausplatzt, den Eindruck des Auseinanderfallens in Kauf nimmt, zeigt gerade der Vergleich mit den übrigen Werken. Er wirkt sich entscheidend auf die Gestaltungsebene aus, bestimmt aber darüber hinaus auch das heterogene Klangbild, das die drei Instrumentalisten weniger als aufeinander bezogene Teile eines Ensembles, sondern eher als drei nebeneinander her musizierende Einzelkämpfer zeigt. Einzelne gelungene Passagen – etwa der Zugriff auf die Kopfsatzdurchführung oder die vielfältige und distanzierte Klanggebung im Largo – können nicht darüber hinweg täuschen, dass die Aufnahme dieses Werks ansonsten stellenweise recht grob wirkt.
Stefan Drees

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