Wagner, Richard

Preludes and Interludes

Philharmonia Zürich, Ltg. Fabio Luisi

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Philharmonia Rec PHR 0102
erschienen in: das Orchester 07-08/2015 , Seite 76

Eine weitere CD mit Vor- und Zwischenspielen aus den Opern Richard Wagners – war das nun wirklich nötig? Angesichts der zahlreichen, wenn auch teils schon jahrzehntealten Referenzeinspielungen von Dirigenten wie Solti, Karajan, Klemperer und anderen ist man geneigt zu sagen: nein. Doch Fabio Luisi ließ sich davon nicht anfechten, mit dem Orchester Philharmonia Zürich (hinter welch recht unvertraut klingendem Namen sich schlicht das umgetaufte Orchester des Züricher Opernhauses verbirgt, das er seit 2012 leitet) zwei weitere Wagner-Orchester-CDs vorzulegen.
Immerhin, Luisi präsentiert nicht nur die alten Renner, sondern etwa auch die Ouvertüren zu Wagners Frühwerken Das Liebesverbot und Die Feen, die auf solchen Best-of-Kompilationen gemeinhin eher selten zu finden sind.
Interpretatorisch mag man hier im Vergleich mit anderen Einspielungen vielleicht manchmal etwas zu viel Innerlichkeit, zu wenig Dramatik konstatieren. Das bekommt Isoldes Liebestod ganz gut, auch das Vorspiel zum Parsifal scheint in dieser leicht schwebend, nirwana-artigen Heran-
gehensweise sehr stimmig; in Siegfrieds Rheinfahrt oder der Tannhäuser-Ouvertüre könnte man sich freilich etwas mehr südländisches Temperament wünschen – doch das mag auch Geschmackssache sein. Mit der Innerlichkeit einher geht allerdings auch eine gewisse Präferenz für gemessene Tempi, und damit überfordert Luisi seine Musiker teilweise, was die Spannungsbögen betrifft, die idealerweise jede Phrase zusammenhalten und dem Hörer ihren Aufbau und Höhepunkt aufzeigen sollten. Das liegt natürlich nicht nur an den Tempi, sondern an der mehr auf Klangintensität denn auf Entwicklung ausgerichteten Herangehensweise Luisis insgesamt, aber in jedem Falle wirken manche Passagen – auch in flotteren Stücken – hier nicht zusammenhängend genug; man gewinnt eher den Eindruck nebeneinandergestellter Akkorde als den eines kohärenten Fortschreitens. Ein Manko übrigens, das diese Aufnahme mit sehr vielen ihrer Art teilt.
Dennoch hat die Einspielung eine große Stärke, und das ist ihr klarer und durchhörbarer Klang. Der natürlich auch viel mit Aufnahmetechnik und Positionierung der Mikrofone zu tun hat, aber vor allem den durchwegs relativ schlank geführten Registern des Orchesters und Luisis zweifellos sehr sorgfältiger Arbeit an Intonation und Präzision zu danken ist: gut fokussierte, nicht zu massiv vibrierende Streicher, recht schlank geführte Holz- und Blechbläser, von denen auch hohe Töne sauber und pünktlich zu vernehmen sind. Und das ist es auch, was die zwei CDs gegenüber den meisten früheren Aufnahmen dieser Stücke auszeichnet – und was wir in der Oper bis heute auch bei Liveaufführungen so oft vermissen: ein erster Schritt weg vom vermeintlich romantischen, fetten Wagner-Sound (den der Komponist selbst so nie wollte!) hin zum schlanken, durchhörbaren und sauberen Spiel, das Wagners vielzitierte Orchestersprache erst wirklich verständlich macht.
Andrea Braun

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