Werke von Johann Philipp Käfer, Johann Melchior Molter, Sebastian Bodinus und anderen

Musik am Hofe zu Carlsruhe

Karlsruher Barockorchester, Ltg. Kristin Kares

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Christophorus CHR 77392
erschienen in: das Orchester 07-08/2015 , Seite 72

Johann Philipp Käfer (1672-1728) und Sebastian Bodinus (ca. 1700-1759) sind heute fast nur Spezialisten bekannt, Friedrich Schwindl (1737-1786), Johann Evangelist Brandl (1760-1837) und Friedrich Ernst Fesca (1789-1826) sind namentlich möglicherweise aus dem Zusammenhang anderer Musikerbiografien präsent, und Johann Melchior Molter (1696-1765) oder Franz Danzi (1763-1826) sind den Liebhabern spätbarocker, klassischer bzw. frühromantischer Musik freilich ein Begriff. Sie alle verbindet ihre enge Beziehung zum „Hofe zu Carlsruhe“, dessen Residenz 1719 von Markgraf Wilhelm von Baden-Durlach bezogen wurde. Dieser war „ein friedliebender Freund des Theaters, der Oper, vor allem aber des Balletts – und der Damenwelt“, wie Joachim Draheim im Booklet der CD schreibt, die Orchesterwerke der genannten Komponisten fast ausnahmslos in Ersteinspielungen präsentiert.
Anders als etwa Mannheim prägte der Hof in Karlsruhe keinen eigenen musikalischen Stil aus. Das mag daran liegen, dass die fürstliche Residenz etwa doppelt so lange existierte die am Neckar, wobei die Kapelle mehrere Umbrüche erlebte und die Stadt schließlich durch Napoleons Gnaden zum politischen Zentrum des Großherzogtums Baden wurde. Auch künstlerisch zog dies beinah ständige Veränderungen nach sich.
Das Karlsruher Barockorchester unter der agilen Leitung von Kristin Kares bewältigt diesen Marsch durch immerhin etwa ein Jahrhundert und gut drei musikalische Epochen dennoch historisch kundig und mit musikantischer Verve. Da sich die Mitglieder dieses Orchesters aus mehreren Spezialensembles rekrutieren (Freiburg, Stuttgart, Karlsruhe usw.), sind die jeweils unterschiedlichen zeittypischen Instrumente und Spielweisen kein Problem.
Bis in die Wagner-Zeit hinein waren in Karlsruhe offenbar kaum stilprägende musikalische Größen beschäftigt. So zeigt schon Käfers Musicalisch Battaille, von der hier acht von 22 (!) Sätzen eingespielt wurden, zwar deutlich Händels Einfluss, aber längst nicht dessen kompositorischen Feinsinn. Da kracht die Kanone mit Paukenschall, und die Trompeten schmettern militärisch. Der weitgereiste Molter indessen vereint in seiner Sinfonie G-Dur Concerto Grosso mit frühklassisch-italienischem Stil und ist durchaus noch zu entdecken. Ebenso Bodinus, der eher zum Galanten neigt. Schwindl hingegen ist der neuen Richtung (und auch dem „Manheimer Gôut“, wie Mozarts Vater schrieb) am nächsten. Brandl – zusammen mit dem Mannheimer Mozart-Schüler Danner in Karlsruhe engagiert –, Danzi und Fesca (die alle drei mit nur je einem Satz ein bisschen zu kurz kommen auf dieser CD) beherrschen den klassischen Stil perfekt und stoßen als Beethoven-Zeitgenossen bereits in die Frühromantik vor: Hier besonders lohnte das eine oder andere Fundstück sicher noch die Ausgrabung.
Matthias Roth

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