Flotow, Friedrich von / Jacques Offenbach
Rêveries. Sechs Melodien für Klavier und Violoncello
hg. von Reinhard Wulfhorst, Partitur und Stimme
Koproduktionen unter Komponisten sind selten, eine musikhistorische Rarität, so Herausgeber Reinhard Wulfhorst im zweisprachigen Vorwort zur neuen Ausgabe der Sechs Melodien für Violoncello und Klavier von Friedrich von Flotow und Jacques Offenbach. Und kaum bekannt ist, dass sich mit diesen kleineren, romantisch geprägten Salonstücken eine mehrjährige Freundschaft zwischen den beiden Opernkomponisten entwickelte.
Sie hatten sich, wie Flotow in seinen Erinnerungen aus meinem Leben schreibt, im Paris der 1830er Jahre kennen gelernt. Er stand damals dem jungen Kollegen mit Rat und Tat zur Seite und zeigte ihm, wie er mit wenig zeitraubender Weise als strebsamer Künstler sich in Paris leicht erhalten könne und ihm trotzdem hinreichend Zeit bliebe, seine Studien fortzusetzen und sich zu vervollkommnen. Und so wollte Flotow ihn zu einer Soiree in einem Pariser Salon mit einer kleinen Auswahl an Stücken mitnehmen. Jedoch war Offenbachs Repertoire zu klein, das nur aus einigen langen Konzert=Stücken von Romberg bestand. Beide kamen überein, dass sie etwas komponieren sollten, was ihrem Zweck entsprach. So entstanden sehr kleine Melodien für Violoncello und Piano, die wir in der Folge wohl mehr als hundert mal in den Pariser Salons wiederholen mußten.
Insgesamt waren es zwölf Melodien, mit denen die beiden seit 1838 erfolgreich auftraten und die sie in zwei Folgen herausgaben. Wer welchen Part der Gemeinschaftsproduktion beisteuerte, ist nicht klar, aber die Vermutung sei naheliegend, so Wulfhorst, dass die beiden zunächst für ihre jeweilige Stimme zuständig waren. Das Lob Flotows über die Melodieerfindung Offenbachs spricht dafür, dass der Cellist in der Regel einen thematischen Einfall präsentierte und Flotow als versierter Pianist den Klavierpart beisteuert. Dabei ist die Klavierstimme nicht nur Begleitstimme, sondern es gehen von ihr auch entscheidende, musikalische Impulse aus und sie lässt sich sogar vom Cello begleiten.
Während die Chant du soir so die erste Folge bereits 1995 neu herauskam, folgten nun als Neuausgabe die Träumereien (Rêveries), welche der Schweriner Verlag Edition Massonneau Ende vergangenen Jahres veröffentlichte. Die hervorragend ausgestattete Ausgabe lässt für den Praktiker wohl kaum einen Wunsch offen. Obwohl die Edition Massonneau viel Wert auf Genauigkeit des Notentextes auf der Grundlage der Handschrift legt, musste dem Verlag den bei Bosworth & Co. in Leipzig erschienenen Druck genügen, da das Autograf als verloren gilt.
Genaueres nachlesen kann der interessierte Musiker indes nur auf der Homepage www.edition-massonneau.de in einem gesonderten Editionsbericht, da ein Kritischer Bericht in der gedruckten Ausgabe fehlt: Das Erscheinungsdatum der verschiedenen Ausgaben sei demnach nicht exakt bestimmbar, sondern lediglich etwa um das Jahr 1845 einzugrenzen. Es folgen hernach noch fünf Seiten Einzelnachweise, was der Herausgeber sowohl in der Cello- als auch in der Klavierstimme veränderte.
Werner Bodendorff


