Mozart, Wolfgang Amadeus
Sonaten für Klavier und Violine
Fragmente, hg. von Wolf-Dieter Seifert, Ergänzungen von Robert D. Levin, Fingersatz der Klavierstimme von Ariane Haering, mit zusätzlicher bezeichneter Violinstimme von Benjamin Schmid
Die Violinsonaten von Wolfgang Amadeus Mozart gehören zum Standardrepertoire eines jeden Geigers. Technisch können sie von fortgeschrittenen Schülern und guten Dilettanten bewältigt werden, musikalisch stellen sie höchste Anforderungen und sind deshalb auch für bedeutende Interpreten eine Herausforderung. Der Henle-Verlag gibt nun erstmals chronologisch und vollständig Mozarts unvollendete Kompositionen für Violine und Klavier in einer Urtext-Ausgabe heraus. Diese Fragmente wurden zum Teil bereits kurz nach Mozarts Tod von Constanze Mozart Verlegern angeboten, wobei der Freund der Familie, der Komponist, Pianist und Organist Maximilian Stadler, die Werke vervollständigte. Dies sind der Sonatensatz KV 372, Andante und Fuge KV 402 und die Sonate KV 403. Zusätzlich werden nun auch die Fantasie KV 396, der Sonatensatz KV Anhang 48 und der Sonatensatz KV Anhang 47 in der Vervollständigung durch Robert D. Levin veröffentlicht.
Bei zwei Werken begnügte sich der Herausgeber Wolf-Dieter Seifert nicht mit der Vervollständigung von Stadler, sondern fügte auch eine neue Alternative von Levin hinzu: Dies sind zum einen der Sonatensatz KV 372 und zum anderen die Sonate KV 403. Diese Werke werden also in einer zweifachen Ausführung zur Verfügung gestellt. Während Stadler bei seinen Ergänzungen mehr dem damaligen Zeitgeschmack entsprach, geht es Levin offenbar darum, Dramatik, Diskontinuität und Ausdrucksvielfalt herauszuarbeiten und beide Instrumente gleichwertig einzusetzen (und nicht das Klavier zu bevorzugen).
Diese opulente Ausgabe stellt den Musikern neben der Violin-Stimme im Urtext eine Violin-Stimme mit Stricharten und Fingersätzen, die Benjamin Schmid bearbeitet hat, zur Verfügung. Dass ein ausführliches Vorwort über die Konzeption der Edition und die Bemerkungen im Anhang genau über die Quellenlage und elektronische Details informieren, ist bei dieser fundierten Notenreihe schon selbstverständlich.
Alle hier veröffentlichten Kompositionen Mozarts sind es wert gespielt und aufgeführt zu werden, zumal die Ergänzungen Stadlers selbst schon zur Mozart-Überlieferung gehören. Ein besonders interessantes Werk ist die Fantasie KV 396, in der Mozart die Konventionen der Violinsonate weit hinter sich ließ und ein Werk im Sinn des Sturm und Drang, die Romantik vorwegnehmend komponierte. Hier wird vom Pianisten und Geiger eine ganz außerordentliche Beherrschung des Instruments gefordert; aber vor allem eröffnen sich Ausdrucksbereiche, die ein neues Licht auf die Mozartsche Kunst werfen.
Übersichtlich gedruckt, sorgfältig ediert und mit den notwendigen Informationen für eine historisch gesicherte Aufführung versehen, ist diese Ausgabe eine wichtige Bereicherung des Repertoires.
Franzpeter Messmer


