Terzakis, Dimitri
Les domaines du diable
Hymne an die Sünde für Bläserquintett, Partitur und STimmen
Es ist selten, dass ein zeitgenössischer Komponist seine Stücke veröffentlichen kann, noch bevor sie erstmals gespielt werden. Das 2013 entstandene Bläserquintett von Dimitri Terzakis hat seine Uraufführung noch nicht erlebt, liegt aber bereits in einer Ausgabe der Edition Gravis vor. Das mag daran liegen, dass Dimitri Terzakis in der Neuen Musik beileibe kein Unbekannter ist. Obwohl der in Athen geborene, in den vergangenen Jahrzehnten aber vor allem in Deutschland tätige Komponist vom Klavierstück bis hin zur Oper viele Gattungen in seinem Werkkatalog vereint, halten sich die Aufführungszahlen seiner Werke in Grenzen.
Erstaunlich ist dies um so mehr, als viele dieser Stücke eine sehr direkte, unverstellte Sprache sprechen und mit ihren von der griechisch-orthodoxen Kirchenmusik abgeleiteten Strukturen unmittelbar zugänglich sind. Trotz der wenigen Konzerte, in denen Kompositionen von Dimitri Terzakis erklingen, ist er im Musikleben sehr präsent: Als Kompositionslehrer und ehemaliger Professor, zuletzt an der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, prägte er eine große Anzahl Kompositionsstudenten. Zudem ist Terzakis ein Musterbeispiel für einen Komponisten, der seine eigene, unverwechselbare Tonsprache entwickelt hat. Terzakis, Schüler von Bernd Alois Zimmermann, war seit Mitte der 1960er Jahre im Umfeld der Neuen Musik präsent. Obwohl sich seine extrem transparente musikalische Formensprache stark an die griechisch-orthodoxe Kirchenmusik anlehnt, gleitet sie dennoch nie in Folklore ab. Kennzeichen dieses Personalstils finden sich auch im vorliegenden Quintett für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott. Während die sonst bei Terzakis häufig anzutreffenden Mikrointervalle hier zwangsläufig keine Rolle spielen, ist eines in diesem rund zehnminütigen Kammermusikwerk offensichtlich: die Dominanz der Melodie, besser des Melodiefragments.
Leider finden sich weder in den Noten noch auf der Website des Komponisten Hinweise darauf, wie sich der Titel Les domaines du diable und der Untertitel Hymne an die Sünde auf die Musik der fünf Bläser beziehen. So bleibt allein die Musik: Das Werk präsentiert sich trotz zahlreicher Taktwechsel sehr übersichtlich in Struktur und Klang. Mal sind es parallele Figurationen der Stimmen, mal sparsam begleitete Sololinien, die den Notentext prägen. Terzakis betont zu jeder Zeit die Horizontale, das (gemeinsame) Fortschreiten der Stimmen, und weniger die Vertikale, den Zusammenklang der Blasinstrumente. Hat man auf dieser Grundlage zu Beginn des Stücks noch den Eindruck isolierter, etwas fragmentarisch anmutender Gesangslinien, so scheint sich doch im Verlauf auch durch eine Verdichtung der Stimmen eine Art chorischer Gesang zu entwickeln, der in seiner Steigerung vielleicht als eine Art abstrahierter Hymnus begriffen werden kann.
Daniel Knödler