Laufer, Norbert

am rande des wassers

Vier Lieder nach Gedichten von Gisela Becker-Berens für Alt, Flöte und Gitarre, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr, Köln 2014
erschienen in: das Orchester 03/2015 , Seite 73

Seit seinen Studienjahren bei Jürg Baur an der Musikhochschule Köln hat Norbert Laufer ein reiches kompositorisches Œuvre vorgelegt: Lieder, Solostücke, Werke für Chor und Orchester, Kammermusikwerke, Letztere oft in aparten Besetzungen. Die Beschäftigung mit anderen Künsten bildet einen festen Bestandteil seiner Arbeit.
Für sein knapp elfminütiges Werk am rande des wassers hat Laufer vier Gedichte von Gisela Becker-Berens ausgewählt. Sie entstammen ihrem Lyrikband hoffnung in blassorange (2008). „Diese Gedichte öffnen einem die Sinne für die Phänomene der Natur und was sie bedroht, sie horchen dem Echo des Vergangenen nach und den Geräuschen des aktuellen Geschehens“, so der Preisträger des Georg-Büchner-Preises 2014 Jürgen Becker über die Gedichte. Mit seiner Textauswahl thematisiert Laufer „die Sehnsuchtsgefühle, die an südlichen Meeren zum Ausdruck kommen können“ (Einführung). Dem entspreche die Alt- oder Mezzosopran-Lage (a-e”) und die Verwendung der Gitarre, da diese häufig mit südlichen Gefilden assoziiert werde. Die Flöte fungiere als Dialogpartnerin der menschlichen Stimme.
„Es zögert mein fuß doch nicht meine seele schon schwebt sie über den wassern lässt hinter sich dunkel und erdenschwere taucht ein ins gleißende licht.“ Der Zyklus beginnt verheißungsvoll mit „abgehoben“ im Andante con moto. Nach der Schilderung eines die Sinne beruhigenden Spaziergangs auf feuchtem Sand evoziert das dritte Lied „südlicher himmel“ den flimmernden nächtlichen Sternenhimmel in einem rasanten Allegro vivo mit viel Staccato und Sechzehntelketten. Das finale „entscheidung“ beginnt mit den Worten „am rande des wassers sitzt du“. Es geht um nachdenkliches Zögern und um die Entscheidung, „den Sprung“ schließlich zu wagen.
Laufer gestaltet einen lebendigen Dialog zwischen Stimme und Flöte, der von fern an Werke der französischen Tradition, etwa von Roussel, Ibert oder Caplet, erinnert. Die Gedichte sind sensibel im Rhythmus der Sprache vertont, wobei Zentraltöne, chromatische Umspielungen, variiert wiederkehrende Motive oder Akkorde geschickt – teils auch lautmalerisch – eingesetzt werden. Die Gitarre hat eine Begleitfunktion, steuert aber reizvolle Farben und rhythmische Elemente bei. Die rhythmisch vielfältigen Stimmen sind dynamisch und artikulatorisch fein ausgearbeitet. Bis auf die Glissandi am Beginn, die in puncto Timing und Fingersatz nicht ganz einfach sind, ist die Gitarrenstimme problemlos spielbar. Auch die Flötenstimme ist gut gesetzt und beinhaltet einige wohldosierte neue(re) Spieltechniken (Luft- und Klappengeräusche, Frullato, Flageoletts). Die sangliche Alt- bzw. Mezzosopran-Stimme bewegt sich viel in der tiefen Lage.
Mit am rande des wassers hat Norbert Laufer eine poetisch-expressive, abwechslungsreiche Musik mit einigen fast magischen Momenten geschaffen. Die Besetzung mit Alt, Flöte und Gitarre unterstützt trefflich die melancholische Atmosphäre.
Andrea Welte

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