Werke von Rimskij-Korsakow, Balakirew, Ippolitow-Iwanow und Erkin

Scheherazade

Pelin Halkacı Akın (Violine), Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra, Ltg. Sascha Goetzel

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Onyx 4124
erschienen in: das Orchester 01/2015 , Seite 76

Die Borusan Holding ist ein börsennotierter Mischkonzern und mit 3,5 Milliarden Dollar Umsatz eines der größten türkischen Unternehmen. Borusan engagiert sich unter Leitung des Mäzens Asim Kocabiyik sehr intensiv im gesellschaftlichen Leben. Neben einem Rennteam, das um die Tourenwagen-Weltmeisterschaft mitfährt, präsentiert der Sammler im Borusan-Hauptquartier in Istanbul direkt am Bosporus eine exquisite Kunstsammlung – und finanziert eine große Zahl von musikalischen Projekten. Dazu gehören ein Ausbildungsprogramm, der Borusan-Kinderchor, ein Borusan-Quartett und vor allem das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra, das zu den 15 größten Klangkörpern der Türkei zählt.
Die Mehrzahl von diesen ist staatlich finanziert und blickt auf eine deutlich längere Tradition zurück. Doch das Borusan-Orchester, das 1993 als Kammerorchester gegründet und 1999 zum großen Sinfonieorchester erweitert wurde, hält sich nun auch schon eine ganze Weile. Künstlerischer Leiter ist seit 2008 der gebürtige Wiener Sascha Goetzel (*1970).
Mit seinem Orchester hat er einmal Werke von Respighi, Hindemith und Franz Schmitt und dann Musik „aus dem Maschinenzeitalter“ u.a. von Bartók, Holst, Ravel und Schulhoff vorgelegt.
Geografisch näherliegend, so möchte man meinen, ist für das türkische Ensemble die Auswahl der aktuellen CD: Enthalten ist Nikolaj Rimskij-Korsakows berühmte Tondichtung Scheherazade op. 35, die Goetzel dezent mit orientalischen Instrumenten anreichern ließ, inklusive zweier stimmungsvoller Zwischenspiele auf der Kurzhalslaute Oud und der Kastenzither Qanun. Solistin ist hier die türkische Geigerin Pelin Halkaci Akin. In einer von zwei hier aufgenommenen Kaukasischen Skizzen von Mikhail Ippolitow-Iwanow (1837-1910) wird das große Englischhorn-Solo in dem Satz „In einem Dorf“ von einer Ney, einer Holzflöte, gespielt, deren Klang wunderbar mit dem der Streicher verschmilzt. Weiterhin umfasst die Aufnahme die von Sergej Ljupanov orchestrierte Fassung von Milij Balakirews pianistischem Bravourstück Islamey – Orientalische Fantasie.
Handelt es sich bei den genannten Kompositionen im Grunde noch um Repertoirewerke, so ist die Tanzrhapsodie Köçekçe (1943) von Ulvi Cemal Erkin (1906-1972) hierzulande völlig unbekannt. Sie dokumentiert den im Osten und Südosten Europas häufig anzutreffenden Versuch, einheimische Melodik mit klassischer mitteleuropäischer Satzkunst und Inst­rumentation zu verbinden. Gute Effekte kann man dem Stück sicher nicht absprechen, allein die Melodik ist etwas kurzatmig – die Zusammenführung östlicher und westlicher Elemente bleibt mehr an der Oberfläche (verglichen etwa mit der differenzierteren Vorgehensweise von Enescu oder Bartók).
Deshalb ist die eigentliche Entdeckung dieser CD mehr das Borusan-Orchester selbst, das unter der Leitung von Sascha Goetzel in allen Werken ausgewogen, technisch überzeugend und temperamentvoll agiert. Das Booklet ist dreisprachig gehalten, fundiert geschrieben und gut übersetzt – insgesamt eine gute Werbung für die unbekannte türkische Orchesterlandschaft.
Johannes Killyen

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