Beethoven, Ludwig van
Prometeus
Armonia Atenea, Ltg. George Petrou
Von Beethovens Ballettmusik Die Geschöpfe des Prometheus op. 43 ist die Ouvertüre wohlbekannt und wird viel gespielt und die Musikwelt weiß im Allgemeinen auch noch, dass in diesem Werk in einem späteren Satz das Thema aus dem Finale der Eroica vorkommt. Der größte Teil der über einstündigen Ballettmusik ist dagegen kaum geläufig. Dabei gibt es hier höchst aparte Momente, wie ein für Beethoven ziemlich außergewöhnliches Harfensolo. Auch ist gemäß der Handlung über den antiken Helden, der den Menschen das Feuer brachte und dafür sorgt, dass die von ihm geschaffenen Wesen belebt und beseelt sowie mit den Gaben der Künste vertraut gemacht werden, in dieser Partitur eine große Fülle unterschiedlicher musikalischer Charaktere zu erleben, die die Ausdruckskunst des damals 30-jährigen Meisters eindrucksvoll belegen.
Warum also immer nur die fünf Minuten der Ouvertüre spielen, wo hier doch so viel reizvolle Musik vorliegt? Das war wohl auch der Gedanke des griechischen Dirigenten George Petrou, der jetzt mit seinem Originalklangensemble Armonia Atenea die komplette Musik zu den 1801 zu einer (leider nicht dokumentierten) Choreografie von Salvatore Viganò uraufgeführten Geschöpfen des Prometheus eingespielt hat. Das Werk im Ganzen sei, so sagte der Dirigent in einem Interview, Beethoven vom Feinsten, und das gesamte Genie des Bonner Meisters komprimiert in einer Stunde.
Petrou ist vor allem mit seinen vorzüglichen Einspielungen von Opern und Pasticci Händels bekannt geworden, zuletzt auch als Partner und Begleiter des Countertenors Max Emanuel Cencic bei dessen Hasse-Recital Rokoko und den Gesamtaufnahmen von Händels Alessandro oder Hasses Siroe. Doch der Athener Petrou sieht sich selbst keineswegs als Barock-Spezialist. In bester historisch informierter Aufführungspraxis bewährt er sich bei der Prometheus-Musik jedenfalls als Beethoven-Interpret von Rang. Schon die ersten Takte der Ouvertüre zeigen, wie leidenschaftlich, packend und aussagekräftig, aber auch wie melodisch einfühlsam und differenziert hier agiert wird. Die Armonia Atenea erweist sich dabei als hochkarätiges Orchester, das in allen Registern blendend besetzt ist und den instrumentatorischen Raffinessen des Werks nichts schuldig bleibt.
Petrou fächert den Satz in allen Teilen des Werks sehr sinnfällig und transparent auf. Deutliche Akzente geben der Musik rhythmische Spannkraft und klare Konturen. Der Gestus ist ausgesprochen lebendig und reaktionsschnell. So wird auch ohne sichtbare tänzerische Aktion die in der Musik eingefasste, dramatische Bewegung spürbar. Es wird offenbar, dass hier auf technisch brillantem Niveau mit ganz viel Energie und Eifer gearbeitet wurde.
Die Aufnahme macht ihrem Sujet in jedem Fall alle Ehre: Hier wird mit zündendem Feuer und sprühendem Geist musiziert. Man kann nur auf die weiteren Projekte von Dirigent und Orchester auch jenseits der Oper des 18. Jahrhunderts gespannt sein.
Karl Georg Berg