Hertel, Johann Wilhelm

Jauchzet dem Herren alle Welt. Sacred Works

Katrin Hübner (Sopran), Andreas Weller (Tenor), NDR Chor, Mecklenburgisches Barockorchester „Herzogliche HofKapelle“, Ltg. Johannes Moesus

Rubrik: CDs
Verlag/Label: cpo 777 732-2
erschienen in: das Orchester 01/2015 , Seite 75

Bisher kannte man von dem Eisenacher Komponisten Johann Wilhelm Hertel vor allem Instrumentalmusik und von seinen Vokalwerken vielleicht das „Sing-Gedicht“, die Kantate Die Geburt Jesu Christi. Mit der vorliegenden Einspielung des NDR Chors, des Mecklenburgischen Barockorchesters „Herzogliche HofKapelle“ unter der Leitung von Johannes Moe­sus mit der Sopranistin Katrin Hübner und dem Tenor Andreas Weller liegt nun eine repräsentative Auswahl geistlicher Vokalmusik der Schweriner Zeit des Komponisten vor, welche die Bedeutung des über die regionale Pflege und über die vornehmlich historische Musikpraxis hinaus noch viel zu wenig bekannten Haydn-Zeitgenossen verdeutlichen kann.
Klangvoll besetzte Werke sind der 100. Psalm Jauchzet dem Herrn alle Welt für Doppelchor und Orchester, die Choral-Kantate Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ für Sopran, Tenor, Chor und Orchester und auch Eine Kirchen=Musik Zur Feier des Friedens=Festes für Chor, Orgel und Orchester. Hertels Kirchenwerke wären insbesondere für die protestantische Chormusikpflege mit größerer Besetzung eine Repertoireerweiterung zwischen Spätbarock und Klassik.
Die beiden Motetten mit Choralbearbeitung verweisen auf eine Aufführungstradition, die auch heute noch ihren Reiz hat. Hertels Stil geht von tradierten barocken Traditionen aus und eröffnet eine musikalische Ideenvielfalt, die oft viel zu unzureichend mit dem vereinfachenden Etikett „Empfindsamkeit“ tituliert wird. Ein feinsinniger konzertierender Stil, wie etwa das Flötenduett in der D-Dur-Sinfonia, ist zu entdecken. Das Aufeinandertreffen bzw. die Reihung langsamer Sätze mag beim ersten Hören zunächst befremden, doch dem heutigen konzertmäßigen Aufführungsritus geschuldet sein, der die Musik ihrer ursprünglichen Funktion, ihrer Einbindung in einer gottesdienstlichen Feier enthebt.
Diese Aufnahme ist in jedem Fall eine Entdeckung und Bereicherung. Erschlossen wird ein nahezu vergessener musikalischer Fundus, aufgedeckt werden Stilrichtungen, die in vielfältigster Weise alt und neu verbinden. Das Mecklenburgische Barockorchester „Herzogliche HofKapelle“ musiziert unter der Leitung von Johannes Moesus differenziert, „historisch“ geschult und dabei überaus lebendig, was dem musikalischen Farbenreichtum der Kompositionen sehr entgegenkommt. Überzeugend zeigt sich das Solistenquartett, bestehend aus Katharina Sabrowski (Sopran), Gesine Grube (Alt), Joachim Duske (Tenor) und Hans-Christian Hinz (Bass), im zweiten Satz des 100. Psalms. Katrin Hübner und Andreas Weller interpretieren ihre Verse in der Choral-Kantate Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ schlicht, ausdrucksvoll und mit klarer Stimmgebung.
Iris Hildegard Winkler

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