Hindemith, Paul

Sonata for Solo Cello/Works for Cello & Piano

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Fuga Libera/Outhere Music FUG713
erschienen in: das Orchester 04/2014 , Seite 78

Bei ihrer Uraufführung 1917 kamen die Drei Stücke für Violoncello und Klavier op. 8 von Paul Hindemith außerordentlich gut an – was absolut nachvollziehbar ist. Eingängigkeit und ein besonderer Abwechslungsreichtum zeichnen sie aus: Fröhlich-tänzerisch wirkt das „Capriccio“, spätromantisch-schwelgerisch das „Phantasiestück“, sehr lebendig wiederum das „Scherzo“. Kaum zu überhören dabei auch die Einflüsse der Vorbilder des erst 20-jährigen Hindemith auf dieses Werk: Im zweiten Stück klingen recht eindeutig Brahms und Strauss durch, in Nummer drei der „Vollender der chromatischen Polyphonie“, Max Reger. Die Drucklegung folgte damals quasi umgehend.
Auf ihrer neuen CD hat die Cellistin Judith Ermert außer den Drei Stücken noch drei weitere Werke Hindemiths zusammengestellt, die ihrer Meinung nach zu selten gespielt und aufgenommen werden: die Sonate für Violoncello allein op. 25 Nr. 3, die Sonate für Cello & Klavier op. 11 Nr. 3 und die Variationen über das englische Kinderlied A Frog He Went A-Cour­ting. Anlass für die Veröffentlichung des Albums war für Ermert, die eine internationale Celloklasse am Königlichen Konservatorium Gent leitet, der 50. Todestag des Komponisten am 28. Dezember 2013.
Besonders beeindruckend: Ermerts kraftvoller Ton, der dem meist unsentimentalen, energievollen Charakter der Musik bestens Rechnung trägt. Mit hörbarer Spielfreude nutzt sie in den Variationen, mit denen ja bereits Hindemith selbst Humor bewiesen hat, die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten ihres Instruments, indem sie es sich in die verschiedenen Tiere (von Hummel bis Schlange) verwandeln lässt, denen der Frosch begegnet.
Natürlich kommen keineswegs alle Stücke auf der CD so eingängig
daher wie die Variationen bzw. op. 8 – die Solosonate ist da schon deutlich schwerere Kost. Hindemith schrieb sie 1922 für den Cellisten des Amar Quartetts, Maurits Frank. Ihre fünf Sätze strahlen zugleich Frische und Lebendigkeit sowie einen hohen kompositorischen Anspruch aus. In teilweise motorischen Rhythmen wird das Cello durch alle Register gejagt, vertrackte Doppelgriffe, in die die harmonischen Kühnheiten verpackt werden, stellen jede Etüde in den Schatten. Ähnliches gilt für die Sonate für Cello und Klavier: Ein toccatenartiger Beginn kennzeichnet den ersten ihrer beiden Sätze, der auch insgesamt von ungestümer Kraft und temperamentvollen Akzentuierungen geprägt ist. Satz Nummer zwei wirkt streckenweise zurückhaltender, doch auch hier geht es immer wieder rhythmisch markiert und temperamentvoll zu.
Mit dem Belgier Daan Vanderwalle hat Ermert eine ausgezeichnete Begleitung an ihrer Seite: Der Experte für zeitgenössische Musik kann auf eine stattliche Liste von Uraufführungen zurückblicken – sodass man fast meinen möchte, Hindemith müsste sich für ihn wie ein „alter Klassiker“ anfühlen. Sein hervorragendes Zusammenwirken mit der Cellistin wird z.B. an Stellen wie dem großen Ritardando im ersten Teil von Satz eins der Sonate deutlich. Eine gelungene Hommage also an Paul Hindemith – schön, dass sich im sonst so Wagner- und Verdi-lastigen 2013 auch jemand um ihn gekümmert hat!
Julia Hartel

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