Händel, Georg Friedrich

Concertos

3 CDs

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics 0300554BC
erschienen in: das Orchester 04/2014 , Seite 73

Händels Orgelkonzerte op. 4 und op. 7 gehören zu seinen bekanntesten Werken und erlebten schon zu seinen Lebzeiten diverse Neueditionen – viele davon „für Orgel oder Cembalo“ bezeichnet. Und zweifellos nahm sich so mancher Amateurmusiker, den Geflogenheiten der Zeit entsprechend, auch noch weitere Freiheiten in der Besetzung, je nachdem, welche Instrumente eben jeweils zur Verfügung standen.
In diesem Sinn entstand diese Drei-CD-Box der Pianistin Ragna Schirmer. Sie spielt auf CD 1 auf dem Hammerflügel, begleitet vom Händelfestspielorchester Halle auf historischen Instrumenten, wobei die Besetzungen teilweise verändert wurden. Auf CD 2 hört man die Pianistin auf einem modernen Steinway, begleitet auf modernem Instrumentarium, sowie solistisch, wenn sie Fassungen für ein Tasteninstrument alleine spielt. CD 3 enthält Jazz-Arrangements diverser Händel-Concerti. Schirmer spielt hier eine Hammond-Orgel, dazu tritt ein Jazzensemble.
Drei ganz verschiedene Herangehensweisen auf den ersten Blick, die auf den zweiten allerdings so unterschiedlich auch nicht sind. So spielt die Pianistin auf dem Hammerflügel nicht allzu historisch. Dafür artikuliert sie zu wenig klar, phrasiert zu unentschieden. Auch das Barockorchester agiert in vielen Sätzen vergleichsweise üppig bis intransparent, das mag aber auch von den großteils sehr gemächlichen Tempi herrühren. Überraschend hübsch und duftig machen sich die Sätze, in denen die Bläserstimmen der Orgel durch reale Holzbläser ersetzt wurden, die diese Orgelparts souverän spielen.
In Potenz erlebt man das Problem der Undurchhörbarkeit naturgemäß in den Versionen mit modernem Flügel. Hier sind kaum noch barocke Strukturen, rhetorische Phrasen erkennbar, auch rutschen in manchen Läufen Töne durch, verschwimmen Harmonien.
Zu den verjazzten Versionen vermag ich als ausgewiesene Klassik-Expertin nicht viel zu sagen; nur vielleicht, dass ich durchaus gewisse Schwierigkeiten hatte, die Stücke überhaupt zu identifizieren, da diese percussion-untermalte Variante hauptsächlich auf einer Lautstärke stattfindet und Phrasierungen kaum noch wahrnehmbar sind. Die Hammond-Orgel, als gedachtes Hauptinstrument, geht da oft ein wenig unter.
Doch gut: Manchem Hörer mag Händel auf modernem Flügel sicher ganz normal erscheinen, und mancher Jazz-Fan mag sich freuen, auch einmal Händel kennen zu lernen. Aber gibt es tatsächlich Käufer, die alle drei Stilistiken der Box gleichermaßen schätzen? Oder überwiegen doch diejenigen, die zwei der Scheiben dann dauerhauft in der Hülle belassen? Und vielleicht nach dem Kauf erst zu Hause erschrocken feststellen, was sie da eigentlich erworben haben? Und daraus resultiert die Frage: Geht es hier eigentlich um Händel und seine Musik – oder doch um die Interpretin? Insofern: Hände weg, Händel-Fans! Diese CD richtet sich nicht an Sie, sondern an die Fans von Ragna Schirmer!
Andrea Braun

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