Elīna Garanča
Zwischen den Welten
Mein Weg auf die großen Opernbühnen
Sie zählt zu den aktuell größten Sängerinnen des Musikuniversums. Höchst verwandlungsfähig auf der Bühne und mit einem göttlich klaren, beweglichen Mezzosopran ist sie hochmusikalisch in allen Genres zu Hause. Sie gibt bereitwillig Interviews, ist seit 13 Jahren Ehefrau, zweifache Mutter und zuletzt auch noch Autorin, die nun nach Das Wichtigste sind die Schuhe (2013) soeben bei Ecowin ihr zweites Buch veröffentlichte. Dieses trägt den Titel Zwischen den Welten. Die mit so viel Talent wie Energie ausgestattete Person ist Elīna Garanča.
Auf 255 Seiten, die mit wunderbaren Fotos sowohl von ihr als Diva als auch als Privatperson bestückt sind, erzählt sie höchst authentisch und mit Humor von ihrer Nervosität – resultierend auch aus dem Druck, den sie sich als Perfektionistin selbst macht –, von Ehrgeiz, Selbstzweifeln, Melancholie und dem Spagat, die Balance und Orientierung zwischen Alltags- und Bühnenwelt zu halten und zu wahren.
Sie berichtet dabei flüssig und gegenwartsbezogen oft im Präsens, greift zurück auf Gespräche mit Kollegen, mit denen sie sich über das Besondere am Leben eines Sängers austauscht, analysiert sich selbst ebenso tiefgehend wie die Figuren, die sie auf der Bühne verkörpert, wobei sie immer auf der Suche nach Neuem und Weiterentwicklung ist. Wenn der Druck zu groß wird, hilft Elīna Garanča sich selbst, indem sie auf ihren bodenständigen und naturverbundenen Anteil zurückgreift: Vor einer Premiere hilft Bügeln, ein Zuviel von allen Seiten wird mit Gartenarbeit kompensiert.
Aufgewachsen als Tochter einer Musikerfamilie in Riga erlebte sie zunächst eine Niederlage nach der anderen, nachdem die 17-Jährige beschlossen hatte, Sängerin zu werden. Ihre Eltern rieten ihr zu einer Laufbahn als Musikpädagogin oder Kulturmanagerin, doch Elīna setzte sich durch, wurde letztlich an die lettische Akademie für Musik aufgenommen und lernte 1997 ihre künftige Lehrerin Irina Gavrilovici kennen, die sie nach Wien holte und auf den Belvedere Gesangswettbewerb vorbereitete, bei dem sie das Semifinale erreichte. Dann ging es ziemlich schnell: Einem Einspringer in Bukarest und einem erfolgreichen Vorsingen für die Opéra in Meiningen folgten diverse Wettbewerbe, die letztlich an der Pariser Oper Bastille mündeten, wo sie ihre ersten großen Erfolge feierte.
In einem BR-Interview von 2016 spricht sie zwar über ihr erstes Buch, doch drücken ihre Worte dort aus, was auch im aktuell Veröffentlichten ebenso erfrischend wie interessant ist: „Das Buch habe ich ehrlich und offen geschrieben, so wie ich bin. Ich wollte zeigen, wie ich, als Künstler, im Alltag ticke. Dabei wollte ich auch gewisse Klischees der bekanntlich glamourösen Welt brechen. Es ist nicht nur schön, sondern manchmal auch trügerisch. Man kann nicht offen auf der Bühne sein, wenn man das im richtigen Leben auch nicht ist.“
Stimmtechnische Details und Einblicke in die Arbeit auf der Bühne, mit Regisseuren und Dirigenten finden neben persönlichen Statements ebenfalls ihren Platz, was diese Lektüre absolut lohnend macht.
Kathrin Feldmann