Bekmeier-Feuerhahn, Sigrid / Karen van den Berg/Steffen Höhne et al.
Zukunft Publikum
Jahrbuch für Kulturmanagement 2012, Bd. 4
Es gibt zwei Themen, die Kulturbetriebe seit Jahren bewegen: die nachhaltige Finanzierung und das künftige Publikum. Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, wenn sich die zahlreichen Autoren des Jahrbuchs für Kulturmanagement 2012 aus verschiedensten Perspektiven mit der Zukunft des Publikums befassen. Das Herausgeberteam wirft in der Einleitung die entscheidenden Fragen auf: Wie sehen die Kulturangebote der Zukunft aus? Wer sind die Besucher von morgen, wer die Kulturschaffenden? Wie äußern sich Überschneidungen zwischen Kulturnutzung, Kulturproduktion und Kulturgestaltung?
Birgit Mandel beispielsweise beklagt in ihrem Beitrag zum Audience Development, dass es immer noch gravierende Mängel und Lücken in der Besucher- und Publikumsforschung gibt. Außerdem müssten nicht nur die richtigen Fragen gestellt, sondern auch neue Strategien entwickelt, erprobt und bewertet werden, um neue Zugänge zu verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu finden. Sigrid Bekmeier-Feuerhahn bezweifelt die Vertrauenswürdigkeit vieler Besucherbefragungen. Insbesondere die sehr subjektiven Zufriedenheitsaussagen von Besuchern seien oftmals problematisch und das Ergebnis von Beschönigungstendenzen. Der Sozialwissenschaftler Karl-Heinz Reuband vergleicht am Beispiel der Stadt Köln zwei empirische Studien von 1991 und 2010 zur Nutzung von Oper, Theater, Konzert und Museen. Dabei erfreuen sich Museen unverändert höchster Beliebtheit. Für die anderen Kultureinrichtungen zieht er daraus u.a. den Rückschluss, dass durch den Schneeballeffekt von Mund-zu-Mund-Propaganda die Besuchsentscheidungen nachhaltig beeinflusst werden können.
Interessant ist auch der Beitrag von Carsten Baumgarth und Marina Kaluza zu Erfolgsfaktoren von Brand Communities im Kultursektor, in dem es darum geht, wie sich aus Freundeskreisen von Kultureinrichtungen Gemeinschaften von Freunden bilden lassen. Am Fallbeispiel der Berlinischen Galerie (Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur) wird gezeigt, mit welchen Mitteln es möglich sein kann, herkömmliche Freundeskreise strategisch noch besser mit den Belangen der Kultureinrichtung in Verbindung zu bringen. In einem weiteren Artikel geht es um empirische Ansätze zur Typisierung von Besuchern und Fastbesuchern von Kulturinstitutionen. Denn so wichtig es ist, die bereits vorhandenen Besucher noch besser kennen zu lernen, umso wichtiger ist es, mehr über die grundsätzlich interessierten, aber noch nicht aktiven, potenziellen Besucher zu erfahren. Ein erster Ansatzpunkt sind die Gelegenheitsbesucher, also die Einzelkarten-Käufer, die womöglich zum wiederholten Besuch animiert werden können. Diese müssen gezielt erfasst und dann auch angesprochen werden. Weitere Artikel des Jahrbuchs befassen sich u.a. mit Ausstellungsmanagement im Museum, mit Besucherpartizipation oder liefern Rezensionen wichtiger Neuerscheinungen im Bereich des Kulturmanagements. Jeder, der sich mit dem Thema Publikum der Zukunft beschäftigt, wird in dem Buch wertvolle Anregungen finden.
Gerald Mertens