Rameau, Jean-Philippe

Zaïs

Ballet héroïque en un prologue et quatre actes. Réduction clavier-chant/ Symphonies extraites de la partition d’orchestre

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Societé Jean-Philippe Rameau/Bärenreiter, Bonneuil-Matours/Kassel 2011
erschienen in: das Orchester 02/2012 , Seite 68

Mit dem Klavierauszug zu Zaïs, erstellt von François Saint-Yves, und der Partitur der entsprechenden Symphonien, Programmmusiken und Tänzen zu diesem weitgehend vergessenen „Ballet héroïque en un prologue“ in vier Akten, in der sorgfältigen Edition von Graham Sadler im Rahmen der Jean-Philippe Rameau-Gesamtausgabe (OOR) ist nun ein Hauptwerk des Komponisten der musikwissenschaftlichen Forschung wie der historischen Aufführungspraxis zugänglich gemacht worden: Ein musikdramatisches Werk liegt vor, von dem bisher meist nur die Ouverture gespielt worden ist, ein Werk, das nicht zuletzt für die Opernbühnen interessant sei dürfte, die mit wiederentdecktem Alten Neues wagen.
Den Text zu Zaïs (1748) schrieb Louis de Cahusac, Rameaus Librettist, der auch die „freimaurerische“ tragédie lyrique Zoroastre (1749) und Les Boréades (1763) verfasste. Insbesondere Rameaus Zaïs und Zoroastre stehen sich nicht nur zeitlich nahe. Zaïs war die dritte Oper, die aus der Zusammenarbeit Louis de Cahusac/Jean-Philipp Rameau entstanden ist. Die Gattungsbezeichnung „Ballet héroïque en un prologue“ wirkt in diesem Zusammenhang vermeintlich irreführend, worauf im Vorwort eingegangen wird, stellen doch die vier Akte der Oper Zaïs eine durchgehende Handlung vor.
Zaïs lässt sich als ein bedeutendes Werk im Musiktheaterschaffen Rameaus interpretieren, ein nicht hoch genug einzuschätzendes Bindeglied. Über Rameau hinaus wird vor diesem Hintergrund, der Kenntnis von Zaïs und Zoroastre, nicht zuletzt auch die Botschaft der Mozart’schen Zauberflöte eine neue Folie bekommen. Zaïs wurde 1761 und 1769 mit Veränderungen in Paris wiederaufgenommen und erlebte über hundert Aufführungen.
Die vorliegende Edition (Klavierauszug) nimmt die vollständige Erstfassung des Werks zur Grundlage, im Anhang des Klavierauszugs sind die Veränderungen dokumentiert.
Schade ist, dass die ansonsten überaus ansprechende Teiledition der Symphonies, der programmatischen Instrumentalstücke der einzelnen Akte, ohne weitere Kommentierung geblieben ist. Erst in der gemeinsamen gründlichen Lesart, in Zusammenhang mit dem historisch-kritischen wie der Praxis angemessenen Klavierauszug wird die Bedeutung der hilfreichen und für das Verständnis und den Einblick in Instrumentierungsfragen notwendigen Teiledition offensichtlich. Graham Sadler ist in jedem Fall mit einer kritischen Edition dieses so wichtigen, aber bisher weitgehend unbekannten Opernwerks Rameaus ein großer Wurf gelungen.
Iris Winkler