Buwen, Dieter

Würfelspiel (2005)

für Schlagwerk (1-2 Spieler)

Rubrik: Noten
Verlag/Label: edition gamma, Bad Schwalbach 2009
erschienen in: das Orchester 09/2010 , Seite 64

Dieter Buwen wurde 1955 in Losheim/Saar geboren und studierte neben Kirchenmusik auch Musiktheorie und Komposition an der Musikhochschule in Saarbrücken. Orgelstudien führten ihn zu Gaston Litaize in Paris, seit vielen Jahren unterrichtet er an der Musikhochschule in Nürnberg. Einige seiner Werke, vor allem gemischte Kammermusik und Stücke für die Kirchenorgel, sind bei der edition gamma erschienen, kürzlich veröffentlichte der Verlag Buwens bereits 2005 komponiertes und vom Perkussionisten Radeck Szarek uraufgeführtes Würfelspiel für einen Schlagzeuger.
Im Zentrum des Stücks steht das kompositorisch frei gehandhabte Spiel mit einem kleinen und effektvollen Schlagzeugaufbau, bestehend aus Xylofon, einigen Trommeln, diversen Metallklingern und wenigen Effektinstrumenten wie Flexaton, Windchimes und Bambuspendel. Die mittels Zufallstechniken gewonnenen Klangfolgen und -formen des spielerischen Beginns geraten im Verlauf des Stücks immer mehr in den Sog eines unausweichlichen, nicht mehr individuell steuerbaren Prozesses, der anfängliche Klangfarbenreichtum und die großen rhythmisch-agogischen Freiheiten werden am Ende reduziert auf die marschähnlichen Rhythmen einer Militärtrommel sowie einzelne laute Tamtamschläge. Diese musikalische Entwicklung mag, so der Komponist in seinem Vorwort, metaphorisch für all jene Verläufe stehen, in denen – Zufällen, Willkür etc. ausgeliefert – die Beteiligten zum Spielball anderer und dadurch letztendlich zum Opfer werden.
Würfelspiel steht als Schlagzeugsolostück in der Tradition der großen Klangfarbenkompositionen der1960er und 1970er Jahre, reiche Klangmischungen aus Kurztönen des Xylofons mit umkreisendem Flexatontremolo oder gezielte Ausdämpfungen innerhalb von Mixturklängen sind hier nur zwei kleine Beispiele einer höchst sinnlichen zeitgenössischen Musik. Gestisch-theatralische Elemente wie das Werfen von Schlägeln und Würfeln verweisen auf Einflüsse von Mauricio Kagel (z.B. auf dessen Art bruit – Solo für zwei, ebenfalls für einen Schlagzeuger und Assistenten), der Komponist selbst nennt im Vorwort John Cage, Arnold Schönberg und Leonardo Fibonacci als an diesem Würfelspiel Beteiligte. Von Cage kommt natürlich die Idee der Zufallsmusik, aber auch die Töne seines Namens und der ins Wasser getauchte Gong, von Schönberg die Militärtrommel und charakteristische Akkorde aus Ein Überlebender aus Warschau, vom italienischen Mathematiker die Proportionen der Fibonacci-Reihe.
Die Notation des Stücks ist klar und bis in die schlagzeugerischen Details gut gelöst, die Edition lässt keine Wünsche offen. Das Würfelspiel sollte in keiner Hochschulbibliothek fehlen, ihm sind für die Zukunft viele engagierte Aufführungen zu wünschen.
Stephan Froleyks