Angermüller, Rudolph (Hg.)
Wolfgang A. Mozart. Leben und Werk
Digitale Bibliothek Bd. 130
Publikationen über Publikationen sind im globalen Gedenk-Rummel zum Mozart-Jahr 2006 erschienen. Nicht eben viele dürfen als wichtig gelten. Kaum eine wird dem Anspruch gerecht, Neues, Erhellendes zur Mozart-Forschung beizutragen. Bezeichnenderweise wurde das vielleicht wichtigste Buch, Helmut Perls Der Fall Mozart (Atlantis 2005; Rezension demnächst im Orchester; Anm. d. Red.), bisher weithin ignoriert, ja nicht einmal wahrgenommen. Dafür boomen die audiovisuellen, digitalen Medien mit überwiegend Altbekanntem über Mozart, zum gefälligen Hören zubereitet. Da ist es schon erfreulich, wenn die Digitale Bibliothek eine Mozart-Enzyklopädie veröffentlicht, die sich sehen lassen kann! So etwas gab es noch nie. Auf einer CD-ROM findet man eine ganze Mozart-Bibliothek, eine Fundgrube an historischer, zum Teil nur sehr schwer zu beschaffender Literatur.
Der Herausgeber Rudolf Angermüller hat für alle, die sich ernsthaft mit Mozart auseinander setzen wollen (Schüler, Studenten, Wissenschaftler), eine sorgfältig edierte Mozart-Bibliothek zusammengestellt, die die wichtigsten Titel von Mozarts Lebenszeit bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts enthält, eine stattliche Mozart-Handbibliothek, die in manchem musikwissenschaftlichen Seminar nicht zu finden ist. Sie bietet einen gründlichen Einblick in die Mozart-Literatur der vergangenen 250 Jahre. Neben Zeitdokumenten, etwa Charles Burneys musikalischen Reisebeschreibungen durch Europa, sind vor allem die schwer zugänglichen Reisebeschreibungen von Johann Georg Keyßler hervorzuheben, der für Mozarts Reisen nach Italien besonders wichtig ist.
Aber auch Leopold Mozarts Reiseaufzeichnungen, sein Versuch einer gründlichen Violinschule, Konstanze Mozarts Aufzeichnungen und Gustav Nottebohms Mozartiana sind vollständig enthalten. Daneben zahlreiche Werkverzeichnisse, etwa von Anton André, Otto Erich Deutsch und Ludwig Ritter von Köchel. Autobiografisches, Biografisches (von Schlichtegroll und Niemetschek über Nissen, Schlosser, Jahn, Rau, Nohl, Abert bis hin zu Einstein, Nettl und Böttger), sämtliche Briefe Mozarts und seiner Familie (in den Editionen von Nohl, Schiedermair und Müller von Asow) und diverse Werkbeschreibungen (z.B. Anton André, Ludwig Mielichhofer, Albert Josef Weltner und Ludwig Schiedermair) runden das opulente Angebot der CD-ROM ab. Es ist eine Zeitreise durch die europäische Geistesgeschichte und ihre Auseinandersetzung mit Mozart. Hauptwerke der Mozart-Literatur werden dem Leser ungekürzt mit reichhaltigem Bild- und Fotomaterial geboten. Es gibt vieles zu entdecken. An Anschaulichkeit und Benutzerfreundlichkeit (famose Suchfunktionen und schnelle Zitiermöglichkeiten) bleibt kein Wunsch offen! Gründlicher und praktikabler kann ein Einblick in die Mozartiana von einst und vorgestern kaum vermittelt werden. Die Mozart-Wissenschaft von gestern und heute, die ja im Buchhandel erhältlich ist, bleibt (wohl aus urheberrechtlichen Gründen) außen vor. Aber es ist ja auch im Falle Mozarts zuallererst der Blick zurück, der die Augen fürs Wesentliche öffnet.
Dieter David Scholz