Taffanel, Paul / Samuel Barber / Carl Nielsen
Wind Quintet / Summer Music / Wind Quintet op. 43
Es war Antonio Rosetti in Oettingen-Wallerstein, der anders als Mozart in seinen Bläserserenaden um 1782 zum ersten Mal ein Quintett für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott (Murray B6) schrieb. Anton Reicha, der zusammen mit seinem berühmten Onkel Joseph Reicha als dessen Adoptivsohn in jungen Jahren einige Zeit am selben Hof im Nördlinger Ries wirkte, bevor er nach Bonn (wo er Beethoven kennen lernte), dann Hamburg und Wien schließlich 1806 Paris zu seinem neuen Lebensmittelpunkt wählte, führte die neue Bläserformation zu klassischer Blüte.
Jahrzehnte später, 1876, schrieb Paul Taffanel, der berühmte Pariser Flötist, mit seinem frühromantischen Bläserquintett ein Paradestück virtuoser Spielfreude und herrlichster Melodien. Frankreich verdankt ihm nicht nur eine Renaissance seines Instruments und eine Flötenschule, die viele berühmte Instrumentalisten prägte; Taffanel förderte alle Blasinstrumente und gründete 1879 die Sociéte des Instruments à Vent.
Viele spätere Komponisten wählten diese Quintettform für stimmungsvolle Werke, so auch Carl Nielsen, dessen Quintett aus dem Jahr 1922 nordisch geprägte Empfindungen in originellen Kontrasten widerspiegelt, wenn etwa im Menuett sich jeweils zwei Instrumente miteinander unterhalten oder im letzten Satz ein ernster Choral elf Mal variiert wird die Vielfarbigkeit der fünf Instrumente ist schlichtweg betörend.
Zwischen Taffanel und Nielsen steht mit Samuel Barbers einsätziger Sommermusik von 1935 ein interessantes und selten zu hörendes Auftragswerk, das beispielhaft zeigt, wie sich Barber um die Jahrhundertwende mit amerikanischen Kollegen Copland, Thompson und anderen um eine eigene Musiksprache bemühte, die krasse Modernismen vermeidet, sich neuen Kompositionstechniken Europas aber doch nicht verschließt und dabei immer wieder Heimatlich-Amerikanisches wie Jazz oder Minimal-Music anklingen lässt und so seine eigene Klangsprache entwickelt.
Das Quintett Chantily, 2006 beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD preisgekrönt, erntet seither internationalen Ruhm. Hört man seine Interpretation dieser drei so unterschiedlichen Werke, erkennt man sofort den Grund: In technischer Perfektion auch in vertracktesten Passagen vermittelt es die unterschiedlichen Stimmungen der in ihren Tonsprachen und in der Faktur der musikalischen Aussagen so weit auseinander liegenden Stücke bezwingend.
Diether Steppuhn