Bach / Beethoven / Ysaÿe / Suk

Werke für Violine und Klavier

Deutscher Musikwettbewerb, Preiträger 2005

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 89161
erschienen in: das Orchester 09/2010 , Seite 68

Der Deutsche Musikwettbewerb und Deutschlandradio Kultur präsentierten Ende 2009 in der Edition Primavera des Labels Genuin die Debut-CD der Geigerin Sophia Jaffé. Im Jahr 2005 gewann sie den Deutschen Musikwettbewerb und war dritte Preisträgerin des „Concours Reine Elisabeth“ in Brüssel. Sie debütierte 2009 in der Londoner Cadogan Hall, in Jerusalem, in Prag und in Shenzhen/China.
Im Zentrum der CD-Präsentation stehen zwei Solosonaten: die dritte Partita für Violine solo in E-Dur BWV 2006 von Johann Sebastian Bach und die durch ihren im 1. Satz wiederkehrenden motivischen Bezug auf die Bach’sche Partita sehr prägnante Solosonate Nr. 2 in a-Moll von Eugène Ysaÿe.
Sophia Jaffé spielt die Bach-Partita in tänzerischem Ductus, stilistisch sehr dicht an der historischen Aufführungspraxis – gleichwohl auf moderner Geige. So klingt die Violine klar und tonschön, barock artikuliert, aber frei von jedem Manierismus. In einem im Booklet abgedruckten Gespräch beschreibt die Geigerin die Auseinandersetzung mit barocker Musik und ihrer sich in einem fortwährenden Verwandlungsprozess befindenden Rezeption als einer besonderen Herausforderung. Dieser wird sie mit ihrer klaren Tonsprache und verständlichen Phrasierung in hohem Maße gerecht.
Gleiches gilt auch für die Interpretation der Solosonate von Ysaÿe. Sich steigernde Virtuosität wechselt ab mit verinnerlichter Klangdichte. Wie endlos gesponnen wirkt der schwermütige 2. Satz („Malinconia“), der nicht endet, sondern „entschwindet“. Kraftvoll entfaltet sich das Instrument unter der beherrschten Bogentechnik der Solistin, die es ebenso versteht, impressionistische Klanggegensätze, beispielsweise in den „Furies“, zu zaubern.
Den musikalischen Schwerpunkt der CD stellt zweifellos die Interpretation der Sonate für Violine und Klavier Nr. 10 in G-Dur op. 96 von Ludwig van Beethoven dar. Gemeinsam mit ihrem Partner am Klavier, Björn Lehmann, gestaltet Jaffé das Werk kammermusikalisch und fein abgestimmt. Die emphatische Nähe zum Klavierkonzert G-Dur wird deutlich. Klar artikuliertes Klavierspiel mit perlendem Anschlag im Diskant und samtenen Bassklängen verschmelzen in idealer Weise mit einem fein gesponnenen Geigenklang und mit in Leichtigkeit, aber dynamischer Intensität vorgetragenen Legatogirlanden.
Die Fähigkeit, große Bögen zu spannen und dabei eine sehr persönliche Ansprache zu entwickeln, zeichnet das Duo auch bei der Interpretation der vier Stücke für Violine und Piano op. 17 des Dvor?ák-Schülers Josef Suk aus. Der eigene Anspruch – siehe das Gespräch im Booklet –, die dialogische Funktion beider Instrumente zu entwickeln, gelingt in hervorragender Weise. Mit großer Intensität werden die kontrastierenden Affekte, von der burlesken Heiterkeit bis zur Melancholie, dargestellt. Eine beeindruckende Debut-CD, die Lust auf langes Zuhören macht!
Uwe Gäb