Wenn Musik der Liebe Nahrung ist, spielt weiter…
Wunderbare Jahre: Sir Peter Jonas, Zubin Mehta und die Bayerische Staatsoper 1993-2006. Photographien von Wilfried Hösl. Texte von Donna Leon, Nike Wagner, Daniel Barenboim und Wolfgang Schreiber, mit CD
Nach 13 Jahren ging die Amtszeit von Sir Peter Jonas als Intendant der Bayerischen Staatsoper zu Ende. Zeit also zu prüfen, ob sich bei der Spielplangestaltung durch Sir Peter ein eigener Stil, eine Handschrift erkennen lässt. Dies würden vermutlich selbst diejenigen bejahen, die weder mit dem Repertoire noch mit manchen Inszenierungen einverstanden waren. Viel Beachtung fand die Händel-Pflege, die fast zur Händel-Mode wurde. Am häufigsten inszenierte David Alden, aber auch Thomas Langhoff, Peter Konwitschny, Dieter Dorn, Peter Mussbach, Christof Loy u.a. haben viel beachtete Inszenierungen erarbeitet.
Bücher dieser Art beschränken sich oft auf umfassende Statistiken, ergänzt durch Kritiken (in der Regel nur die wohlwollenden). In diesem Buch wurde ein anderer Weg beschritten: Es handelt sich um einen Bildband, der nur wenige kurze Würdigungen enthält. Die erste stammt von Daniel Barenboim und richtet sich an Sir Peter und den ebenfalls scheidenden GMD Zubin Mehta, deren Arbeit Barenboim seit vielen Jahren kennt und die er aufgrund seiner eigenen Erfahrung am Musiktheater gut beurteilen kann. Es folgt ein Beitrag der Krimi-Autorin Donna Leon. Sie ist bekennender Händel-Fan und besuchte häufig Münchner Aufführungen.
Ein weiterer Autor ist Wolfgang Schreiber, der als Kritiker der Süddeutschen Zeitung die Produktionen (fast immer wohlwollend) begleitet hat. Er geht denn auch ausführlicher auf das ein, was man als den Stil des Hauses der Ära Jonas bezeichnen könnte. Damit sind vor allem die 80 Inszenierungen dieser 13 Jahre gemeint, die immer heftig diskutiert wurden: So bleibt Oper im Gespräch und macht neugierig. Nike Wagner wiederum beschreibt die Persönlichkeit Sir Peters die natürlich nicht vom Amtsinhaber zu trennen ist. Sie hat viel Sympathie für den britischen Witz, mit dem Jonas oft seine eigenen öffentlichen Auftritte würzte.
Den Hauptteil des Buchs bilden die Fotos. Aus jeder Inszenierung ist zumindest ein Foto des Haus-Fotografen Wilfried Hösl wiedergegeben. Man bleibt mit dem Blick hängen, versucht sich zu erinnern. Fermaten fürs Auge! Dabei beschränkte man sich nicht nur auf effektvolle Bilder, wie etwa jenes mit dem Dinosaurier in Giulio Cesare (eine der neun Inszenierungen David Aldens).
Aber Oper, das ist Musik, das sind auch Vorspiele, Arien, Ensembles, Chöre (die leider nicht vertreten sind). Eine Auswahl aus den Produktionen des Zeitraums findet sich auf der beiliegenden CD. Damit wurde auch der hohe Standard des Bayerischen Staatsorchesters dokumentiert. Allerdings beschränkte man sich dabei auf nur zwei Dirigenten: Zubin Mehta und Ivor Bolton. Peter Schneider, der immerhin bei acht Produktionen am Pult stand, ist nicht vertreten.
Helga Schmidt-Neusatz